Um 1900 ist Aktfotografie allgegenwärtig. Die Ausstellung "Die nackte Wahrheit und anderes" präsentiert die erstaunliche Vielfalt fotografischer Abbildungen des enthüllten menschlichen Körpers in jenen Jahren. Damals wurden die Grundlagen für die öffentliche Entfaltung eines facettenreichen Bildtyps geschaffen, der heute unseren Alltag prägt wie kaum ein anderer.
Der fotografische Akt erscheint vor allem als reproduzierbares Medium - auf Postkarten, Zigarettenkarten, Plakaten, Zeitschriften, als Werbeträger, Künstlervorlage, Sportleransporn, Lehrbild und Sammelobjekt. In der großen Menge des Materials lassen sich Gruppen rund um die Begriffe der Massenware, der Seh(n)süchte (Arkadien, Erotik und Pornografie), den Körper im Blick der Wissenschaft (Ethnografie, Bewegungsstudien, Medizin), des Körperkults (Reformbewegungen, Freikörperkultur und Bühnenakte aus Sport und Variété) sowie natürlich zum Kunstkontext mit den Akademien und piktorialistischen Edeldrucken bilden. Das wohl wichtigste Merkmal des Bildes vom nackten Menschen in jenen Jahren ist die untrennbare Verflechtung dieser Gruppen aktfotografischer Produktion und Reproduktion.
Der Handel bzw. Austausch von Aktfotografien war europaweit. Dies belegen, neben Schätzen und Fundstücken aus der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek, bedeutende Leihgaben vieler Institutionen aus Europa, von der Bibliothèque nationale de France bis zum Polizeimuseum Niedersachsen.