In den vergangenen zwanzig Jahren seit seinem Bestehen hat das Museum für Lackkunst einen kleinen vorhandenen Bestand zu der außerhalb Russlands vermutlich bedeutendsten Sammlung russischer Lackkunst erweitert. Mit ihren heute 203 Objekten, die eine Foto- und eine technologische Sammlung einschließen, vermag sie die Entwicklung vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1940 lückenlos zu dokumentieren.
Die russische Lackkunst geht auf Peter den Großen zurück, der diesen blühenden Kunst- und Gewerbezweig auf seinen Studienreisen ins westliche Europa kennengelernt hatte. Mit dem 1722 vollendeten Lackkabinett seines Lustschlösschens Monplaisir entstand das erste bedeutende Werk dieser Gattung im Zarenreich. Ein zweiter maßgeblicher Impuls erfolgte mit der nach dem Vorbild der Braunschweiger Unternehmung Stobwasser 1793 bei Moskau gegründeten Manufaktur Korobow, bekannter unter dem Namen des späteren Eigentümers Lukutin. Auf die technologische und künstlerische Ausrichtung nach dem deutschen Modell setzte seit den 1820er Jahren eine zunehmend eigenständig russische Entwicklung ein, die zunächst in eigenen Ziertechniken, später auch in spezifisch russischen Motiven Ausdruck fand. Während das westeuropäische Lackgewerbe unter dem Druck der Industrialisierung verschwand, erlebte die russische Lackkunst das ganze 19. Jahrhundert über eine Phase anhaltender Blüte und Innovation. Erst die politischen Verwerfungen des frühen 20. Jahrhunderts setzten ihr ein vorläufiges Ende.
Anders in dem alten Zentrum der Ikonenmalerei Palech, wo die Oktoberrevolution von 1917 den abrupten Niedergang der Ikonenmalerei und – seit 1924 – die Neuausrichtung auf das Medium der Lackmalerei bewirkten. Die Schule von Palech steht seitdem für die Entwicklung eines Elemente der Ikonentradition fortführenden Stils, der sich in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens mit Motiven der Sozialismus- und Kriegspropaganda zu einzigartiger Ausdruckskraft verband.