Seit 1994 vergibt die Wüstenrot Stiftung in enger Zusammenarbeit mit der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang »Dokumentarfotografie Förderpreise« an junge Fotografinnen und Fotografen. Die im zweijährigen Turnus angelegte Nachwuchsförderung der Wüstenrot Stiftung stellt jeweils vier Preise à 10.000 EUR für die Realisierung eines neuen Projekts zur Verfügung. Darüber hinaus werden nach Abschluss eines Arbeitsjahres die Ergebnisse in einer Ausstellung mit Begleitkatalog an verschiedenen renommierten Orten gezeigt. Im Museum für Photographie Braunschweig sind dieses Jahr die Preisträger der Dokumentarfotografie Förderpreise 08 zu sehen:
In ihrer Serie Centers of Excellence (2010) begibt sich Tanja Jürgensen in das Leben von US-amerikanischen Ivy League Universitäten. Amerikanische Top-Universitäten sind keine öffentlich zugänglichen Bildungseinrichtungen, vielmehr haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, Eliten zu produzieren, denn der Schwerpunkt des Studiums liegt nicht nur in der fachlichen Ausbildung, sondern auch in der Eingliederung in ein System, das aus Netzwerken gesellschaftlicher Machtstrukturen besteht.
Tanja Jürgensen (*1971 in Hamburg, lebt in Kassel) studierte Freie Kunst an der Kunsthochschule Kassel und war Meisterschülerin bei Prof. Bernhard Prinz.
Mit dem Berliner Stadtteil Wedding beschäftigt sich Mathias Königschulte in seiner gleichnamigen Arbeit (2010). Es ist nach dem Fall der Mauer nicht gelungen, den Wedding in das Konzept „Neue Mitte“ zu integrieren und auch ist er längst kein Arbeiterbezirk und Ort des Klassenkampfs mehr. Die Geschichten derer, die heute im Wedding wohnen, haben wenig gemeinsam. Königschulte untersucht dort Teile der Gesellschaft, für die die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen privatem und öffentlichem Raum oder Fremde und Heimat verschwimmen.
Mathias Königschulte (*1974 in Hannover, lebt in Berlin) studierte Fotografie an der Ostkreuzschule für Fotografie Berlin (Klasse Prof. Ute Mahler).
Das Leben iranischer Transsexueller dokumentiert Maziar Moradi in seiner Serie Was wir sind (2010). Seit der vor 20 Jahren von Ajatollah Chomeini ausgesprochenen Fatwa sind Geschlechtsumwandlungen im Iran legal. Seither hat der Iran nach Thailand die höchste Rate an Geschlechtsumwandlungen. Moradi spürt in seiner Serie dem Schicksal der Betroffenen nach und zeigt wie sie im Alltag der iranischen Gesellschaft, die noch sehr feste Rollenvorstellungen der Geschlechter hat, mit ihrer neuen Identität Fuß fassen.
Maziar Moradi (*1975 in Teheran, lebt in Berlin) studierte Kommunikationsdesign an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (Diplom bei Vincent Kohlbecher).
Mit dem Mythos der Insel Dokdo als östlichster Ort Koreas beschäftigt sich Kim Sperling in seiner gleichnamigen Serie (2010). Dokdo gehört zu einer Inselgruppe rund 200 km vor der Ostküste Koreas. Die winzigen Inseln wären kaum erwähnenswert, wenn nicht schon seit Jahrzehnten ein erbitterter Streit zwischen Japan und Korea um die Zugehörigkeit der Felsen herrschen würde. Während das Thema in Japan nur ein Nischendasein führt, gibt es unter Koreanern kaum ein anderes Thema, welches so emotional und leidenschaftlich verfolgt wird. Für Koreaner ist Dokdo ein Symbol für die Stiftung nationaler Identität.
Kim Sperling (*1975 in Seoul, lebt in Hamburg) studierte Kommunikationsdesign an der FH Dortmund (Diplom bei Norbert Hüttermann) und an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (bei Prof. Ute Mahler und Prof. Vincent Kohlbecher).