Das Museum für Photographie Braunschweig präsentiert Regine Petersens Zyklus Find a Fallen Star in einer ersten musealen Einzelausstellung in Deutschland.
Petersens Trilogie Find a Fallen Star erzählt hierbei drei exemplarische Geschichten von Meteoriteneinschlägen in Alabama (USA), Ramsdorf (Deutschland) und Kanwarpura (Indien). Die seltenen und aufsehenerregenden Ereignisse der Meteoriteneinschläge wurden von der Fotografin umfassend recherchiert und in ihrer Arbeit durch Archivfotos, Zeitungsartikel und Gesprächsprotokolle ergänzt. Über die künstlerische Erzählung erhält der Betrachter einen unmittelbaren Eindruck der Fundorte, aber auch der menschlichen Schicksale, die mit den Einschlägen, der Suche nach den Meteoriten und begleitenden Unfällen verbunden sind.
Petersens allegorische Fotoarbeit öffnet in der minimalistischen Reduktion ihrer Bildsprache und dem Verweben unterschiedlicher Narrationselemente einen Raum philosophischer Fragen über die menschliche Existenz. Die Ereignisse der Einschläge werden zum Anstoß einer Reflexion der „Dichotomie zwischen Alltag und unergründlicher Weite des Kosmos“ (Peter Lindhorst, PHOTONEWS, 2015). Ihre dokumentarisch-assoziative, poetische Herangehensweise wird hierbei selbst zum Ausdruck von Mythos, Zufall und Schicksal und den Geheimnissen der extraterrestrischen Gesteine.
Als Diskussionsort zeitgenössischer Fotografie versteht sich das Museum für Photographie als lebendiger Ort der Debatte künstlerischer Strategien und Herangehensweisen. Die Produktion neuer Arbeiten als konsequente Fortführung herausragender künstlerischer Ansätze junger Fotografen und Fotografinnen stellt deshalb eine wichtige Aufgabe des Museums dar. So präsentiert die Einzelausstellung Regine Petersens nicht nur den Werkzyklus Find a Fallen Star, sondern bietet auch erstmalig Einblicke in ihr neues Projekt The Gospel of Mark, das sich mit der Interpretation des Markusevangeliums als literarische Verarbeitung des römisch-jüdischen Krieges 66-70 n. Chr. befasst.
Der Rezeptionsgeschichte folgend beschäftigt sich Petersens Arbeit mit der Symbolik und der narrativen Struktur des Markusevangeliums als multivalentes und subtiles literarisches Dokument, in dem die Gewalt des römisch-jüdischen Krieges stets latent ist. Ihre Arbeit geht dabei historisch-allegorischen Leseweisen nach, die sich innerhalb der Bibelwissenschaften der letzten Jahrzehnte entwickelt haben, und die das Evangelium als jüdischen Text und verschlüsselte anti-imperialistische Biografie verstehen.
Bildsprachlich reflektieren Petersens Fotografien ein Ineinandergreifen des Faktischen und Mythischen, das die Fotografin auch als charakteristisch für das Medium Fotografie versteht und erstellen eine poetisch-symbolische Annäherung an den Markustext. The Gospel of Mark setzt hierbei das Spannungsverhältnis früherer kriegerischer Gewalt in Bezug zur oberflächlich friedlichen galiläischen Landschaft des Neuen Testaments und zeigt poetische Bildorte, die je nach Lesart unterschiedlich interpretiert werden können.
Regine Petersen wurde 1976 in Hamburg geboren. Sie studierte Kommunikationsdesign an der Hochschule Hamburg und erwarb 2009 den MA am Royal College of Art, London. Für ihre Arbeit Find a Fallen Star wurde sie mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2016 ausgezeichnet.