Eine Ausstellung anlässlich des 30. Geburtstages des Museums für Photographie Braunschweig e.V. Mit Arbeiten von Aginmar, Wilfried Bauer, André Gelpke, Joachim Giesel, Uwe J. Haack, Roland Kopp, Hans-Martin Küsters, Angela Neuke, Gabriele und Helmut Nothhelfer und Michael Schmidt
“The Steinert school is dead!” Lange lebe die Steinert Schule! So müsste man aus dem heutigen Blickwinkel André Gelpkes vehemente Kritik von 1980 an einer am Kommerziellen ausgerichteten Ausbildung an der Folkwangschule für Gestaltung, der ehemaligen Wirkstätte Steinerts wohl folgerichtig ergänzen.
Das Jahr 1979 markiert ein Schlüsseljahr der westdeutschen Fotoszene und Fotogeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mit Klaus Honnefs Schlagwort der „Autorenfotografie“ verdichtete sich in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren eine theoretische Matrix (Christoph Schaden 2013), welche die bisherigen Erörterungen und Ausführungen zum fotografischen Medium in Bewegung versetzte. Eindringlich belegt durch Honnefs Ausstellung „In Deutschland“ präsentierte die Schau zahlreiche der wichtigen jungen Fotografen und aufstrebenden Talente der Epoche. Diese Ausstellung, aber ebenso die vielen anderen zur Kontroverse anregenden fotografischen Ausstellungsprojekte der Zeit, behaupteten die Fotografie nachdrücklich als künstlerisches Ausdrucksmittel im Nachklang der so genannten Mediendocumenta 6. Sie bewiesen gleichzeitig, dass die Steinert Schule alles andere als tot war. Im Gegenteil, die von der wohl charismatischsten Person der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte ausgebildeten jungen Fotografen – wie auch die Absolventen anderer akademischer Fotozentren, die sich gerade etablierten – entwickelten mit der so genannten Autorenfotografie eine neue Stilrichtung und traten nunmehr selbstbewusst als künstlerische Fotografen auf. Mit einer neuen Herangehensweise, die das subjektive Moment der Fotografie als Selektion und Konstruktion von Wirklichkeit mit einer prägnanten Inhaltlichkeit verband, die Fotografie als Analyse der gesellschaftlichen Wirklichkeiten verstand, prägten die beteiligten Fotografen ein neues Verständnis von Fotografie. So ist es verständlich, dass die Faszination, die von den Steinert Schülern ausging, in der gesamten Bundesrepublik Deutschland überaus groß war.
Die sich ausbildende Vielzahl miteinander korrespondierender Fotografen, akademischer Ausbildungszentren und Fotogalerien stehen aber noch für ein weiteres Kapitel bundesdeutscher Fotogeschichte: Das spannungsgeladene Diskursfeld Fotografie inspirierte im Vorfeld und Nachklang der documenta auch die zahlreichen Gründungen fotografischer Sammlungen und Fotogalerien der Epoche. Erst in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre konnte die Fotografie in Westdeutschland als autonomes, gleichberechtigtes künstlerisches Medium etabliert und in den Museen institutionalisiert werden.
Die Ausstellung „Schöne Neue BRD? Autorenfotografie der 1980er Jahre“ bietet einen Einblick in das Werk von zehn wichtigen Positionen aus dem Umfeld der „Autorenfotografen“ und ihr fotografisches Werk der 1970er und 1980er Jahre. Die Ereignisse der Zeit werden in Bezug gesetzt zur Gründung des Hauses als gemeinnütziger Verein im Jahr 1984, die sich somit als eine der vielen maßgeblichen Initiativen der Etablierung und Institutionalisierung der Fotografie verstehen lässt.