Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
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Museum Ludwig

Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
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Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
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Hein­rich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel.: 0221 221 261 65
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Öffnungszeiten:

Di-So 10.00-18.00 Uhr

Andrea Fraser. Wolfgang-Hahn-Preis 2013

21.04.2013 - 21.07.2013

In Andrea Frasers choreografierten Performances bleibt nichts dem Zufall überlassen: Die amerikanische Künstlerin (*1965 in Billings, Montana) und Preisträgerin des Wolfgang-Hahn-Preises 2013, widmet sich existentiellen und gesellschaftlichen Fragestellungen mit präzisen, oft auch humorvollen Analysen und setzt sich dabei auch immer wieder kritisch mit dem Kunstbetrieb und seinen Akteuren auseinander. Seit den 80er Jahren, als sie durch ihre in Galerien und Museen aufgeführten Gallery Talks Bekanntheit erlangte, hinterfragt sie dabei auch grundsätzlich das Museum als Institution in Performances, Videos und Texten. Welche Künstlerbilder und -mythen bestimmen unsere Vorstellungen? Welches sind die Motivationen von Sammlern, Kunst zu kaufen oder zu stiften? Wie sind öffentliche Sammlungen entstanden, was erzählen sie und ihre Gebäude über das bürgerliche Engagement in den Städten? Wie kann das Wechselverhältnis dieser Akteure auf dem Kunstfeld beschrieben werden?
2001 führte Fraser „Kunst muss hängen" auf, eine Performance, für die sie eine Stegreifrede von Martin Kippenberger anlässlich einer Ausstellungseröffnung von Michel Würthle - dem Besitzer der Paris-Bar in Berlin - mit Hilfe einer Videodokumentation einübte. Sie imitierte nicht nur die Körpersprache von Martin Kippenberger, sondern führte die Rede in einer Sprache auf, die sie nicht beherrscht. Das Video der Performance offenbart die Selbstinszenierung und die Abgrenzungsstrategien des Künstlers im 20. Jahrhundert.
Auch die Performance „Official Welcome" aus dem gleichen Jahr ist eine genaue Analyse der Riten und Umgangsformen in der Kunstwelt. Fraser montiert Satzfragmente aus Reden von bekannten Künstlerkollegen, Galeristen, Kuratoren und Kritikern zu einer neuen Rede, in der die jeweiligen Rollenwechsel durch die theatralen Fähigkeiten der Performerin sichtbar werden.
In den letzten Jahren, und besonders seit den großen Finanzkrisen und deren Auswirkungen hat Andrea Fraser ihre eigene Arbeit und die Institutionskritik als solche in vielen wichtigen Aufsätzen einer Revision unterzogen und dabei auf Methoden aus Soziologie, Psychoanalyse und Wirtschaftswissenschaften zurückgegriffen.
So bestand auch ihr künstlerischer Beitrag für die Whitney Biennal 2012 aus einem Aufsatz über die subtilen Verleugnungs-Strategien der Kunstwelt in Zeiten von Finanzkrise und Occupy-Bewegung, in dem sie ihren persönlichen Konflikt als Künstlerin darlegt, die sich auf der einen Seite institutionskritisch über die Widersprüche des Kunstmarkts mit seinen millionenschweren Sammlern und Kunst-Investoren äußert und gleichzeitig eng mit jenen Museen und Institutionen verbunden ist, die auf das (finanzielle) Engagement dieser Sammler und Investoren heutzutage nicht verzichten können.
Nach Frasers letzter Überblicksausstellung in Europa im Jahr 2003 im Hamburger Kunstverein wird die große Ausstellung im Museum Ludwig diese kritische Neuausrichtung der Künstlerin aufgreifen. Frasers frühe Arbeiten werden ebenso dokumentiert sein wie ihre Aktualisierungen in neuen Arbeiten beleuchtet werden. Darüber hinaus wird die Ausstellung das Augenmerk auf Andrea Fraser als Performerin legen. Sie wird ihre jüngste abendfüllende Performance „Men on the Line", die 2012 in Los Angeles Premiere hatte, erstmals in Europa aufführen. Für dieses Werk hat Andrea Fraser eine Radio-Talkshow des in Los Angeles basierten Radio-Senders KPFK von 1972 recherchiert und transkribiert, in dem sich vier Männer über ihr Engagement für Feminismus unterhalten und ihre Motivation dafür zum Ausdruck bringen. In ihrer Performance imitiert Andrea Fraser alle vier Männer - inklusive jedes Zögerns in der Stimme, jeder Sprechpause - und schafft damit eine eindringliche Interpretation eines Stücks Zeit- und Geschlechtergeschichte. Zudem wird Andrea Fraser eine ältere Performances im Rahmen der Eröffnung selbst aufführen. „May I Help You" von 1991 wird darüberhinaus für die Besucher während der Ausstellung von Schauspielern in der Sammlung des Museums re-inszeniert.

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