Es erschien den Kölnern wie eine Botschaft aus einer besseren Welt, als Josef Haubrich 1946 seine Schätze der Stadt übergab. Diese Kunst hatte man schon verloren geglaubt. Nun zog sie in einer triumphalen Wanderausstellung durch Deutschland und Europa. Heute ist die Sammlung im Museum Ludwig untergebracht. Sie gilt als eine der besten des Expressionismus in Europa, berücksichtigt aber auch Neue Sachlichkeit und andere Tendenzen der Klassischen Moderne.
Rechtsanwalt Haubrich (1889-1961) war eine typische Kölner Persönlichkeit, gesellig und großzügig. Und er besaß etwas, das nicht alle Kölner im Dritten Reich besessen haben: Mut. Die Sammlung spiegelt seine Persönlichkeit, seine Lust am Leben und am Neuen. Bereits während des Ersten Weltkriegs begann er damit, Werke zeitgenössischer vorwiegend deutscher Künstler zusammenzutragen, darunter solche Glanzstücke wie das Porträt des Doktor Hans Koch von Otto Dix, das erste moderne Gemälde überhaupt in der Sammlung oder die Schwärmer von Emil Nolde sowie der berühmte Halbakt mit Hut von Ernst Ludwig Kirchner, der bereits 1925 auf der Biennale von Venedig ausgestellt wurde und bis heute beispielhaft für die Sammlung steht. Darüberhinaus zählen Werke von Marc Chagall, Karl Hofer, Heinrich Hoerle, Wilhelm Lehmbruck oder Paula Modersohn-Becker zu den Meisterwerken der Sammlung. Aquarelle bilden den Grundstock, Gemälde die Substanz, Skulpturen befinden sich, damit verglichen, in der Minderzahl. Die Grenze hin zum ganz Abstrakten überschritt Haubrich nur ungern, den Konstruktivismus und den Blauen Reiter mied er ebenso wie Dada oder Novembergruppe. Erst nach 1946, als die Sammlung in Abstimmung mit dem damaligen Direktor des Wallraf-Richarz-Museum Dr. Leopold Reidemeister weiter wuchs, wurden Werke des Blauen Reiter, Bauhaus oder Kubismus einbezogen.