Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
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Museum Ludwig

Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle
Museum Ludwig, Foto: Thomas Riehle

Hein­rich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel.: 0221 221 261 65
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Öffnungszeiten:

Di-So 10.00-18.00 Uhr

Vor dem Gesetz

17.12.2011 - 22.04.2012
Verletzungen der Menschenwürde können weltweit tagtäglich zu Millionen aufgezeigt werden, uns ist es jederzeit möglich von Ungerechtigkeiten zu erfahren oder sie durch verschiedenste Medien zu bezeugen. Wie kann die bildende Kunst diese universelle Problematik thematisieren ohne illustrativ zu werden? Franz Kafkas Parabel "Vor dem Gesetz" (1915) dient als gedanklicher Ausgangspunkt und Metapher für die Ausstellung. Diese erzählt von einem Mann vom Lande, der vor das Gesetz tritt. Vor dem Gesetz steht ein Türhüter, bei dem er vergeblich um Eintritt ersucht. Der Mann vom Lande, der die Errungenschaften der Aufklärung nicht mitbekommen hat, bleibt lebenslänglich vom Gesetz ausgeschlossen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Bedeutung wird das Gesetz bei Kafka in einer räumlichen Ausdehnung dargestellt. Mit dieser Parabel ist es möglich, Jemanden außerhalb des Gesetzes zu positionieren. Dieser Jemand besitzt weder Rechte noch Pflichten, das Gesetz ist ihm Zufluchtsort. Im Hinblick auf die Menschenrechte, zeigt dieser Text, dass es weder möglich ist, außerhalb des angeborenen Rechts zu stehen, noch sich dahin zu begeben. Gerade in Bezug auf die Menschenrechtsfrage hat das Umdenken, welches nach dem Zweiten Weltkrieg stattfinden musste, viel verändert. Was ist heute noch davon übrig? VOR DEM GESETZ vereint figurative Skulpturen der 1950er Jahre, als Teil der europäischen Geschichte, mit raumgreifenden Beiträgen zeitgenössischer Künstler, in denen die universelle Problematik von Recht im Verhältnis zur Wahrung menschlicher Würde verortet wird. Die Ausstellung spannt so einen Bogen über die letzten sechzig Jahre, um das existenzielle Potential von Kunst heute auszumachen. Die figurativen Skulpturen der 1950er Jahre bilden den argumentativen Kern der Ausstellung. Im Rückblick spiegeln diese exemplarisch ausgestellten Statuen den Zeitgeist der Nachkriegszeit und die Nachwehen eines jeden Krieges. Sie vermitteln ein Gefühl für die erlebten Schrecken und die Sprachlosigkeit, die damit einhergeht. Die Skulpturen von Reg Butler, Alberto Giacometti, Wilhelm Lehmbruck, Giacomo Manzù, Gerhard Marcks, Marino Marini, Henry Moore, Germaine Richier und Ossip Zadkine scheinen ästhetisch aus der Zeit zu fallen. Der Formgedanke ist für diese Statuen weniger kennzeichnend als die Haltung, mit der sie sich zur Geschichte und zu den zeitlosen Fragen der Menschheit positionieren. Die Expressivität und Unmittelbarkeit der geformten Körper ist gleichzusetzen mit dem Willen, der eigenen Situation und der eines traumatisierten Landes ein Gesicht und eine Form zu geben. Der Mensch als gebrochenes Wesen steht dabei im Mittelpunkt. Pawel Althamer, Phyllida Barlow, Karla Black, Paul Chan, Jimmie Durham, Zoe Leonard, Bruce Nauman, Thomas Schütte und Andreas Siekmann übertragen ihre Gedanken zur menschlichen Existenz in die Räume des Museums. Sie operieren in einer gewandelten komplexeren Welt mit einem erweiterten Kunstbegriff, anderen Materialitäten und Mitteln. Den Bronzestatuen, die zwischen Kriegsruinen gen Himmel ragten, stehen Arbeiten gegenüber, die erneut versuchen, die menschliche Gegenwart auszumachen. Ein Anliegen dieser Ausstellung ist es, über den historischen Kontext unseren Blick für das humanistische Potential von Gegenwartskunst zu schärfen. In Zeiten, die von Auktionsrekorden und Schnellebigkeit geprägt sind, erscheint die Auseinandersetzung mit einer Kunst notwendig, die mit Ernsthaftigkeit auf der Kategorie des Menschlichen insistiert.

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