In Siebenbürgen, einem multi-ethnischen Landstrich im heutigen Rumänien, gab es vor allem zwischen den beiden Weltkriegen ein spannendes politisches und kulturelles Leben. Siebenbürger-Sachsen, Ungarn und Rumänen lebten im Karpatenbogen miteinander und nebeneinander. Am Beginn des 20. Jahrhunderts wagten junge Künstler aus allen drei Nationen den Aufbruch in die Kulturstädte Europas und knüpften dort Kontakte zur europäischen Avantgarde. Viele von ihnen kehrten in ihre Heimat zurück und wurden dort Wegbereiter der neuen Kunstentwicklung. Oftmals waren sie mit ihren Werken aber auch weiter in den Metropolen Europas präsent.
Nachdem es im vergangenen Jahrzehnt mehrere Ausstellungen in Deutschland gab, in denen jeweils ein bestimmter Aspekt der Kunst aus Siebenbürgen beleuchtet wurde, widmet sich die Ausstellung im Museum Moderner mit der Präsentation der Sammlung Dr. Josef Böhm der anspruchsvollen Aufgabe, Künstler nahezu aller Strömungen und Schulen der Klassischen Moderne zu präsentieren, darunter Vertreter der Malerschule von Nagybánya, die zum Ausgangspunkt der ungarischen Moderne wurde und 1896 von in München ausgebildeten Künstlern gegründet worden war. Zu ihr gehörten unter anderem Oliver Pittner (1911–1971) und Sándor Ziffer (1880–1962). Dazu kommen Maler siebenbürgisch-sächsischer Herkunft wie Hans Mattis-Teutsch (1884-1960) und Henri Nouveau (1901–1959), sowie Künstler aus Klausenburg, deren Kunsthochschule 1925 gegründet worden war und zu deren Schülern unter anderem Tasso Marchini (1907–1936) gehörte. In der Sammlung sind alle wichtigen Stilrichtungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertreten, von expressionistischen Arbeiten über Werke der Neuen Sachlichkeit bis zu futuristischen Abstraktionen.
Bereits der Vater von Josef Böhm, ein Nachkomme von Sathmarer Schwaben , die als Untergruppe der Donauschwaben gelten, begann in den 1960er Jahren in Rumänien vor allem Gemälde der Schule aus Nagybánya zu sammeln. Mit der 1981 erfolgten Umsiedlung der Familie Böhm in die Bundesrepublik wurden Werke der Collection immer wieder in der Öffentlichkeit präsentiert, zum Beispiel 1997 im Städtischen Museum Kempen in der Ausstellung „Impressionisten aus Ungarn - Die Nagybányaer Künstlerkolonie“ Inspiriert von dieser Ausstellung und der Bekanntschaft mit anderen Sammlern begann Dr. Josef Böhm die Sammlung zu übernehmen und in Richtung der Klassischen Moderne aus Siebenbürgen zu erweitern. Dr. Josef Böhm, geb. 1960 in Neumarkt/Tirgu Mures (Siebenbürgen), studierte nach seiner Übersiedlung in Deutschland Medizin und promovierte 1989. Er arbeitet als Chefarzt der Neurologie des Kreiskrankenhauses Freiberg/Sachsen.
Leihgaben aus der Sammlung wurden in den letzten Jahren in folgenden Ausstellungen präsentiert: „Kolonie der Träume: Nagybánya“ Ungarische Botschaft Berlin 2002 ; „Meisterwerke der Klassischen Moderne in Siebenbürgen“ , Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg 2004; „Ausbruch aus der Tradition - Malerei der siebenbürgischen Moderne“, Museum Kornwestheim 2006; Gesamtschauen der Sammlung zeigten 2012 das Lindenau Museum Altenburg sowie das Xantus Museum Györ(H) und das Hansági Múzeum Mosonmagyaróvár (H). Im November 2013 folgte eine Schau im Ungarischen Kulturinstitut in Brüssel.