07.02.2009 - 26.04.2009
Das Museum Morsbroich eröffnet am 8. Februar 2009 die Ausstellung »Moralische Fantasien«. Im Zentrum stehen Positionen zeitgenössischer Kunst, die sich mit der Klimaerwärmung und ihren Auswirkungen auseinandersetzen. Über zwanzig Kunstschaffende zeigen im neobarocken Wasserschloss, das mit seiner Anlage und seinem idyllischen Garten den perfekten Rahmen für die Beschäftigung mit diesem Thema abgibt, ihre ganz persönlichen, distanziert dokumentierenden wie persönlich betroffenen oder gesellschaftspolitisch motivierten Gedanken und Recherchen zu diesem Thema.
Schon seit der Antike ist bekannt, dass menschliche Eingriffe in die Natur von negativen Folgen begleitet sein können. Doch erst in den vergangenen Dekaden hat sich eine markante Sensibilisierung der Gesellschaft auf diesen Themenbereich hin und eine eigentliche ökologische Diskussion herausgebildet, die nicht selten in dramatischem Ton geführt wird und mittlerweile in alle Bereiche der Gesellschaft einwirkt. Davon betroffen ist nicht zuletzt die Kunst, die sich traditionellerweise stark mit der Natur auseinandersetzt und wesentlich um die Generierung von Naturbildern und -vorstellungen besorgt ist.
Die Ausstellung »Moralische Fantasien« fasst diese Tendenzen zusammen und stellt aktuelle Projekte, die sich mit Fragen der klimatischen Veränderung und ökopolitischen Beobachtungen auseinandersetzen, ins Zentrum. Die Präsentation beschäftigt sich zudem mit der Frage, wie Künstler und Künstlerinnen auf diese geopolitischen Probleme reagieren und welche Strategien sie dabei anwenden. Andererseits stellt sie zur Diskussion, inwieweit Kunst als spezifisches Medium in der Gesellschaft - die nach Niklas Luhmann über keine »Zentralkompetenz zur Behandlung ökologischer Probleme« verfügt - ökologischer Kommunikation Gehör zu verschaffen vermag.
Der Titel der Ausstellung »Moralische Fantasien« stammt von Günther Anders (1902 – 1992), einem bedeutenden deutschsprachigen Sozialphilosophen. Der Mitbegründer der Anti-Atombewegung verstand darunter die Anstrengung, die Diskrepanz zwischen der zunehmenden Bedeutung der Technik für die Gesellschaft und der Wahrnehmung in der Bevölkerung wieder rückgängig zu machen. Dies soll in dem Versuch geschehen, »das Gefälle zu überwinden, die Kapazität und Elastizität unseres Vorstellens und Fühlens den Grössenmassen unserer eigenen Produkte und dem unabsehbaren Ausmass dessen, was wir anrichten können, anzumessen«, so Anders 1956 in »Die Antiquiertheit des Menschen«.
Die Arbeiten von internationalen Künstlerinnen und Künstlern aus drei Generationen setzen genau an diesem Punkt an, mit Werkansätzen, die individuell und in ihrer Herangehensweise sehr unterschiedlich sind. Das Spektrum reicht von Strategien, unsere Vorstellungskraft durch intelligente Analyse zu schärfen, über Bestrebungen, diese durch unkonventionelle Lösungsansätze für neue Perspektiven zu öffnen, bis hin zum Ansatz, unsere Wahrnehmung durch Kritik, Provokation, aber auch durch Poesie produktiv zu stimulieren.
Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: Ursula Biemann, Olafur Eliasson, Tue Greenfort, Douglas Gordon, Christina Hemauer & Roman Keller, Jonathan Horowitz HorseArt, Christoph Keller, Leopold Kessler, Deborah Ligorio, Elke Marhöfer, Gordon Matta-Clark, Anna Meyer, Gustav Metzger, Olaf Nicolai, Dan Peterman, Marjetica Potrè, Santiago Sierra, Philippe Rahm, Rirkrit Tiravanija, Marie Velardi, Christine Würmell.
Zusätzlich zu den an der Ausstellung beteiligten Künstlern wurden acht weitere Kunstschaffende gebeten, das Cover der Zeitung »Bild«, das anlässlich der Veröffentlichung des UNO-Klimaberichts im Februar 2007 erschien und die Schlagzeile »Unser Planet stirbt« trug, in ihrem Sinne zu überarbeiten. Die Ergebnisse von Matthew Antezzo, Mark Staff Brandl, interpixel, Isabelle Krieg, Jakob Kolding, Dan Perjovschi, Silke Wagner und Christine Würmell sind ebenfalls Teil der Ausstellung
Parallel zur Ausstellung im Museum Morsbroich erscheint eine Publikation, die die einzelnen Kunstschaffenden vorstellt und der Kernfrage des Projekts in schriftlicher Form nachgeht. Mit Beiträgen von Dorothee Messmer, Harald Welzer, Raimar Stange und einem Interview mit dem Klimapolitiker Patrick Hofstetter sowie mit einem Vorwort von Markus Heinzelmann und Markus Laudert.