Die im Grafik-Kabinett des Museums Ostwall ausgestellten Grafiken stammen von russischen Künstlern, die alternative künstlerische Ausdrucksmittel jenseits des staatlich verordneten Einheitsstils des Sozialistischen Realismus entwickelten. Die sogenannten Nonkonformisten mussten fern vom offiziellen sowjetischen Kunstgeschehen im Verborgenen arbeiten, da sie durch die staatliche Repression trotz der ab 1953 einsetzenden Tauwetter-Phase mit Ausstellungsverboten belegt wurden. Verbindendes Element dieser Künstler war keine gemeinsame stilistische Haltung, sondern ein sie vereinender Drang nach künstlerischer Unabhängigkeit und freiem Denken. Ihre schwierigen Arbeitsbedingungen machten sie zu einer in Freundschaft verbundenen Solidaritätsgemeinschaft.
Die Auswahl zeigt Grafiken, die sich allesamt mit dem Abbild des Menschen auseinandersetzen. Die modernistischen bis abstrakten Arbeiten knüpfen – im Gegensatz zur figurativen und heroisierenden Staatskunst – an die Traditionen der westlichen und russischen Moderne an. Brusilowskijs groteske Collagen lassen etwa an Hannah Höch und den Dadaismus denken; Jakowlews „Portrait eines Dichters“ zeigt expressionistische Züge im Stile von Jawlensky. Surrealistischen Charakter haben die plastisch wirkenden Mensch-Maschinenwesen des Bildhauers Neiswestny; die „menschlichen“ Wesen Jankilewskijs, die eher den Eindruck technischer Planzeichnungen hervorrufen, scheinen konstruktivistisch. Fantasievolle Zeichnungen von Ülo Sooster und Ilja Kabakow unterstreichen die stilistische Vielschichtigkeit dieser Gruppe.