Die Italienerin Grazia Varisco (*1937) gehörte Anfang der 1960er Jahre zu einer Generation von jungen Künstlern, die mit ihren Arbeiten nach einer zeitgemäßen Anbindung an den technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt der modernen Industriegesellschaft strebten. Ausgehend von den Parametern Zeit, Raum und Bewegung entwickelten sie eine sachliche, allgemein nachvollziehbare Kunst, mit der sie sich von den individuellen, subjektiven Ausdrucksformen des Informel lossagten. Dieser Untersuchung von der Dynamik der eigenen Gegenwart verschrieb sich auch die Mailänder Gruppo T, der Grazia Varisco im Jahr 1960 als fünftes Mitglied beitrat.
In den Materialbildern, Objekten und kinetischen Arbeiten, die Grazia Varisco seit über fünf Jahrzehnten schafft, äußert sich nicht nur eine große experimentelle Lust, sondern auch ihr kontinuierlicher Erfindungsreichtum im Umgang mit den unterschiedlichsten Materialien wie Industrieglas, Aluminium, Plexiglas, Leuchtstoffröhren, aber auch Holz, Papier und Karton. Ihre Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Licht und Schatten sowie Raum und Zeit richtet sich stets auf die Interaktion zwischen dem Werk und seinem Betrachter, der Relativiät der Erscheinungen sowie der Störung erlernter Wahrnehmungsstrukturen.
Zum ersten Mal in Deutschland stellt eine Ausstellung das umfangreiche Werk von Grazia Varisco in einem Überblick dar.