Eine kraftvolle Farbigkeit und kompositorische Ungezwungenheit kennzeichnen die Bilder des Malers Philipp Bauknecht (1884-1933), dessen Leben und Werk eng mit dem Schweizer Luftkurort Davos verbunden ist. Hier beginnt sein eigentliches künstlerisches Schaffen, denn nach dem Besuch der Schreinerfachschule in Nürnberg und einem Studium an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart muss Bauknecht 1910, im Alter von 26 Jahren, aufgrund einer Tuberkuloseerkrankung nach Davos übersiedeln, wo er bis zu seinem Tod 1933 bleibt.
Er erlebt sowohl den mondänen Kurort, der von den reichen und intellektuellen Sanatoriumsgästen geprägt wird, als auch die raue Berglandschaft und die harte Arbeit der Bauern. Beides spiegelt sich in seinen Gemälden, Aquarellen und Holzschnitten wider. Steht Bauknecht zu Beginn seiner künstlerischen Karriere noch unter dem Einfluss des Spätimpressionismus und des Jugendstils, so findet er in der Abgeschiedenheit recht schnell zu einem authentischen und eigenen Stil. Landschaft und bäuerliches Alltagsleben werden in seinen Werken zum unmittelbaren, expressiven Ausdruck von Ursprünglichkeit, Kraft, Stärke sowie menschlicher Gefühle und Handlungen und somit auch seiner eigenen inneren Befindlichkeit.
Parallelen lassen sich gewiss zu dem Maler, Grafiker und Bildhauer Ernst Ludwig Kirchner ziehen, der ebenfalls in Davos arbeitete und mit dem Bauknecht persönlichen Kontakt pflegte und auch gemeinsam ausstellte. Allerdings kam Kirchner erst 1917 nach Davos, sodass von einer künstlerischen Beeinflussung nicht ausgegangen werden kann. Dagegen findet das Werk von Ferdinand Hodler mit der symbolistischen Bildauffassung, der klaren Gliederung und der fast plastischen Wiedergabe der Natur durchaus Eingang in Bauknechts frühes Schaffen. Ab 1916 zeigt sich schließlich ein ganz eigener Ausdruckswille, und die Farben und Formen bekommen eine immer größere Autonomie, die der Künstler spannungsreich zu dichten, flächigen Kompositionen zusammenfügt.
Bauknechts früher Tod und die anschließende Verfemung durch die Nationalsozialisten verhinderten für längere Zeit eine angemessene Rezeption seines bedeutenden OEuvres. Erst 1960 wurde das Werk wiederentdeckt und ist seitdem in Europa und darüber hinaus in zahlreichen Ausstellungen und Publikationen gewürdigt worden.
Das Museum Würth in Künzelsau zeigt nun in Kooperation mit dem Kirchner Museum Davos und der Davoser Galerie Iris Wazzau eine umfangreiche Retrospektive zu Philipp Bauknecht. Die Ausstellung bietet mit über 100 Gemälden, Zeichnungen und Holzschnitten einen intensiven Blick auf ein Schaffen, das in einem Zeitraum von mehr als 20 Jahren in den Schweizer Alpen entstanden ist.