10.08.2012 - 28.10.2012
Im Dezember 1905 erhielt Joseph Maria Olbrich (1867-1908) von vermögenden Bürgern der Stadt Gießen den Auftrag, Privaträume für Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein (1868-1937) im Alten Schloss zu Gießen herzurichten. Kurz zuvor wurde das Alte Schloss, ein Gebäude aus dem 14. Jahrhundert, im Stil des Historismus wiederhergestellt. In diese Hülle wiederbelebter Bauformen vergangener Jahrhunderte setzte Olbrich seine Vorstellung zeitgemäßer
Wohnkultur. Von diesem Gesamtkunstwerk des Jugendstils sind heute lediglich einige Möbel und Olbrichs auf Papier gebannte Ideen erhalten, denn in der Nacht zum 6. Dezember 1944 ging das Alte Schloss in Flammen auf.
Durch die Zusammenarbeit des Oberhessischen Museums mit der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin und der Hessischen Hausstiftung Kronberg ist es erstmals möglich, Olbrichs Zeichnungen, Skizzen und farbige Entwürfe sowie sämtliche erhaltene Möbel gemeinsam in einer Ausstellung an jenem Ort zu präsentieren, für die sie geschaffen wurden. Olbrichs Skizzen und Entwürfe offenbaren eine schier unerschöpfliche künstlerische Phantasie, die er in erstaunlicher Präzision zu Papier brachte. In der Zusammenschau von Zeichnung und ausgeführtem Möbel wird eindrucksvoll die hohe ästhetische Qualität sichtbar, die Olbrichs Raumkonzeption zugrunde liegt.
Zudem beleuchtet die Ausstellung eine weitgehend unbekannte Seite des Künstlers: Anhand jüngst entdeckter Briefe Olbrichs, Photographien der Räume, Handwerkerrechnungen sowie dem gesamten Schriftverkehr zwischen Künstler,
Stiftern und Behörden wird seine Funktion als Bauleiter und ausführender Innenarchitekt deutlich.
Am authentischen Ort wird in der Ausstellung das verloren gegangene Jugendstilensemble erstmals wieder erfahr- und erlebbar.