08.07.2012 - 02.09.2012
Piano nobile bezeichnet im Italienischen das Hauptgeschoss eines Palastes oder Schlosses, in der Regel das erste Obergeschoss. In diesem bevorzugten Geschoss lagen meist die Festräume mit ihrer besonderen Ausstattung. Entsprechend haben sich die Künstler Anna Lena Grau und Moritz Altmann entschieden, das erste Obergeschoss von Schloss Agathenburg für die Ausstellung Piano nobile zu thematisieren. Im Mittelpunkt steht eine eigens für die Agathenburger Ausstellung geschaffene großformatige Bodenarbeit: Über drei Räume, die durch einen Rundgang miteinander verbunden sind, erstreckt sich ein zweifarbiger Teppich.
Als gesellschaftlicher Mittelpunkt stellt das "edle Stockwerk" eine Schnittstelle zwischen dem öffentlichen Geschehen und den privaten Räumen des Hauses dar. Ausgehend von dieser Überlegung entspinnt sich zwischen Anna Lena Grau und Moritz Altmann ein künstlerischer Dialog über Türen und Wände. Wie bei einem Dialog, wo Fragen und Antworten aufeinander reagieren und sich Positionen ihre Gegenpositionen bedingen, spiegelt der Teppich sowohl sein eigenes Muster als Negativ- und Positivform, als auch den Grundriss der Räume.
Mit seinem verschlungenen, reich ornamentierten Muster entwickelt der Teppich eine ganz eigene Pracht. Dabei bleiben die Ornamentformen nicht in der zweidimensionalen Ebene, sondern erheben sich zu einer dritten in den Raum. Die bewegte, barocke Formensprache findet in der zurückhaltenden weiß-grauen Farbgestaltung seinen Gegenpart. Ausgehend vom Teppich als Teil der Einrichtung greifen auch die weiteren Exponate das Thema Interieur auf. So schafft Moritz Altmann ein Objekt in Form einer Chaiselongue und Anna Lena Grau setzt ein Sesselobjekt als Projektionsfläche flüchtiger Ornamentformen ein. Das sog. Kabinett des Schlosses wird einer barocken Kunst- und Wunderkammer ähnlich mit kleinen Objekten auf Konsolen und in Nischen sowie mit Zeichnungen beider Künstler dicht bestückt.
Moritz Altmann (* 1975) hat in München, Santiago/Chile und zuletzt in Hamburg bildende Kunst studiert. In Hamburg studierte ebenfalls Anna Lena Grau (*1980) an der HfBK. Dort absolvierten beide 2007 ihr Diplom u.a. bei Pia Stadtbäumer.