25.05.2007 - 22.07.2007
Bürgerschaftliches Engagement – Chancen für Herrenhäuser und Parks jenseits staatlicher Fürsorge
Erst Anfang Mai schlug die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg Alarm: Viele der von ihr betreuten Kulturgüter – darunter zentrale Bauwerke deutscher Kultur und Geschichte – sind in einem inakzeptablen, teilweise besorgniserregenden Zustand. Ein Berlin-Brandenburger Problem? In anderen Bundesländern steht es um das gebaute Kulturerbe nicht besser. In Mecklenburg-Vorpommern existiert nicht einmal eine vergleichbare Landesstiftung. Mecklenburg-Vorpommern ist zurzeit in aller Munde durch den bevorstehenden G8- Gipfel in Heiligendamm. Heiligendamm ist bekannt für seine Bäderarchitektur und umstritten wegen der unsachgemäßen „Restaurierung“, bei der wenig authentische Substanz erhalten und fast alles Originale zerstört wurde. Ein Ort mit einem 5- Sterne-Hotel, dem die zahlungskräftigen Gäste fehlen, so dass sich der Betreiber zurückgezogen hat. Heiligendamm steht für einen respektlosen Umgang mit dem gebauten Kulturerbe, ähnlich wie Kittendorf oder Teschow.
Auch andere Gutshäuser leiden unter den neuen privaten Investoren: Sie stehen leer, sind ungesichert, aufgebrochen oder verbarrikadiert. In Bothmer, der größten barocken Gutsanlage in Mecklenburg-Vorpommern, will sich nach einer gerichtlich erwirkten Rückgabe an den Kreis Nordwestmecklenburg nun glücklicherweise das Land engagieren. In Kummerow wurde das Herrenhaus gerade zum dritten Mal in kurzer Zeit weiterverkauft. Der Förderverein Schloss Ivenack kann das Haus nicht mehr betreten, weil der Eigentümer nach ersten Sicherungsmaßnahmen seit längerem abgetaucht ist. In Vollrathsruhe bewegt sich seit Jahren gar nichts. In Basedow grasen in einem der vollkommensten Lennéparks Schweizer Bergziegen, Maschendrahtzaun verunstaltet die Anlage. An all diesen Objekten nagt der Zahn der Zeit. Vielen Gutshäusern in kommunalem Eigentum geht es nicht besser: Für Neuensund und Mölln wurden sogar Abrissanträge gestellt, die das Landesdenkmalamt allerdings abgelehnt hat. Inzwischen sind hier durch die Beratung der privaten und gemeinnützigen „Stiftung Kulturerbe im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern“ erste Nutzungsideen entwickelt worden. Von einem Abriss ist keine Rede mehr. Es gibt weitere positive Beispiele. Die Stiftung Kulturerbe präsentiert in einer Ausstellung zum Thema „Neue Ideen in alten Mauern – Kulturelle Vielfalt der Herrenhäuser und Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern“, die vom 25. Mai bis 22. Juli 2007 in Schloss Britz gezeigt wird, acht solche Häuser: Boldevitz, Heinrichsruh, Bröllin, Kreckow, Hohen Luckow, Griebenow, Tellow und Woldzegarten. Die vorstellten Objekte stehen für einen behutsamen Umgang mit der historischen Bausubstanz und eine zeitgemäße Nutzung. Die Häuser beweisen, dass ein Hotel oder ein Museum nicht die einzigen Möglichkeiten darstellen, historische Räume mit neuem Leben zu füllen. Ihre Konzepte werden getragen von bürgerschaftlichem Engagement, das sich dem Kulturerbe verpflichtet fühlt. Die Ausstellung informiert mittels Schautafeln über die Geschichte der Häuser, ihren kunst und kulturhistorischen Wert und die heutige kulturelle Nutzung.. Gleichzeitig werden denkmalpflegerisch bedeutende Gutshäuser gezeigt, für die eine zukunftsfähige Nutzung erst noch entwickelt werden muss. Auch auf den Wettlauf gegen den Verfall soll aufmerksam gemacht werden. Nicht zuletzt will die Ausstellung Lust machen, auf eigene Entdeckungsreise zu gehen und die präsentierten Orte einmal persönlich zu besuchen.
Die über 1.000 Schlösser, Herrenhäuser und Gutsanlagen in Mecklenburg- Vorpommern mit ihren Wirtschaftsgebäuden, Gärten und Landschaftsparks stellen in ihrer räumlichen Dichte und kunsthistorischen Vielfalt ein in Deutschland einzigartiges Gesamtkulturgut dar. Die Ausstellung in Schloss Britz will dieses kulturelle Erbe beispielhaft ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Schloss Britz mit seinem Park und der Gutsanlage bietet dafür einen idealen Rahmen.
Die gemeinnützige Stiftung Kulturerbe im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern basiert auf bürgerschaftlichem Engagement. Sie wurde 2004 gegründet. Vorstand, Stiftungsrat und Wissenschaftlicher Beirat der seit Mai 2005 operativ tätigen Stiftung arbeiten ausschließlich ehrenamtlich. Hauptaufgaben der Stiftung Kulturerbe sind zurzeit die Beratung privater und kommunaler Eigentümer, die Übernahme des Renaissance-Wasserschlosses Quilow, die Aufklärungs- und Bildungsarbeit und der Aufbau eines landesweiten Inspektionsdienstes nach dem Vorbild der niederländischen Monumentenwacht.