Ab 5. Juni 2016 gibt das Sprengel Museum Hannover seiner Sammlung die ganz große Bühne: Unter dem Titel 130% Sprengel wird im gesamten Haus auf knapp 7.000 qm die eigene Sammlung präsentiert. Mit mehr als 1.500 ausgestellten Werken wird es eine Schau der Superlative, die einen Rundgang durch die Kunstgeschichte der Moderne von ihren Anfängen um 1900 bis in die unmittelbare Gegenwart ermöglicht. Die Präsentation folgt einem Zusammenspiel aus chronologischem Ablauf und thematischen Schwerpunkten und zeigt die Sammlung Sprengel in einem noch nie gesehenen Umfang. Erstmals sind die Meisterwerke der Klassischen Moderne in den großzügigen Naturlichträumen im Erweiterungsbau zu sehen. Die Ausstellung unterstreicht eindrucksvoll den außerordentlichen Rang dieser einzigartigen Sammlung.
Der Einstieg in den großen Rundgang beginnt in der Wechselausstellungshalle explizit zeitgenössisch mit der fulminanten Film-Installation Manifesto von Julian Rosefeldt. Die großangelegte Videoinstallation, die den Großteil der Ausstellungshalle ausfüllt, konnte mit Hilfe der Sprengel-Freunde erworben werden. In insgesamt 12 Episoden werden die großen Manifeste des 20. Jahrhunderts vorgestellt und nach ihrer Aktualität für unsere heutige Zeit befragt. Hollywood-Star Cate Blanchett tritt in jeder der Episoden als Protagonistin auf und fasziniert mit ihrer Schauspielkunst in unterschiedlichsten Rollen als Clochard, Rockstar oder als Brokerin, als Ballettchoreografin, Nachrichtensprecherin oder Puppenspielerin und haucht den Manifest-Texten von Futurismus, Surrealismus, Dada und vielen anderen aktuelles Leben ein.
Der Parcours setzt sich im Erweiterungsbau fort und stellt dort die Klassische Moderne mit den Meisterwerken der Sammlung Sprengel vor. Ausgangs- und Endpunkt ist ein „Sprengel-Raum“ mit einem repräsentativen Querschnitt der Sammelschwerpunkte von Bernhard und Margrit Sprengel, die 1937 im Anschluss an den Besuch der Ausstellung „Entartete Kunst“ ihr erstes Werk erwarben.
Es folgen Räume zur französischen Avantgarde (Pablo Picasso, Fernand Léger, Henri Laurens), zum deutschen Expressionismus (Brücke, Blauer Reiter) und zur Neuen Sachlichkeit, die Vertretern von Bauhaus und Surrealismus gegenübergestellt werden. In einem eigenen Raum treffen die großen Künstlerpersönlichkeiten Pablo Picasso, Paul Klee und Max Beckmann aufeinander. Der letzte Raum im Erweiterungsbau ist schließlich der Kunst in der Zeit der national-sozialistischen Diktatur gewidmet.
Der Rundgang setzt sich in der Enfilade der oberen Sammlungsräume mit Positionen der Nachkriegskunst (Henry Moore, Lynn Chadwick, Ernst Wilhelm Nay etc.) fort. Markante Akzente setzen hier u. a. großformatige Rauminstallationen von Daniel Spoerri (Espace basculée) und Anna Oppermann sowie Arbeiten von Francis Bacon, Franz Gertsch, Gerhard Richter und Marlene Dumas. Der Rundgang endet mit eindrucksvollen zeitgenössischen Werken von Wim Delvoye und Atelier van Lieshout.
Eine eigene große Ausstellung (The Big Shots) ist Niki de Saint Phalle gewidmet. Eine repräsentative Auswahl ihrer Hauptwerke, darunter die Modelle für den berühmten Tarot-Garten sowie einige ihrer Großskulpturen wie „Gwendolyn“, wird in der Einblickshalle präsentiert und bildet gleichzeitig das Schaufenster des Museums nach außen.
Im Untergeschoss wird rund um den Merzbau von Kurt Schwitters der „Kosmos Schwitters“ vorgestellt: Zentrale Werke von Kurt Schwitters werden im Kontext seiner Zeitgenossen im Hannover der 1920er-Jahre präsentiert, darüber hinaus sein Einfluss auf folgende Künstlergenerationen. Der Bogen spannt sich von Dada über Fluxus und Nouveau Réalisme bis hin zum Prinzip Collage in der Gegenwart.
Die Museumsstraße und der Museumsplatz werden als Skulpturen-Boulevard mit großen Arbeiten u. a. von Aristide Maillol, Anthony Caro, Barbara Hepworth, Richard Deacon, Tony Cragg und Bogomir Ecker bespielt; im Calder-Saal erhält Alexander Calders großformatiges Mobile Blizzard einen großen Auftritt. Im Skulpturenhof, der nach wie vor auf seine bauliche Wiederherstellung wartet, richtet der in Berlin lebende, albanische Künstler Petrit Halilal eine große Installation ein. Einen weiteren Schwerpunkt im Untergeschoss bildet die grafische Sammlung, in der zunächst die Geburt der Moderne Thema ist mit Werken, die um 1910 entstanden.