Das Sprengel Museum Hannover besitzt eine umfangreiche, hervorragende Sammlung von Plakakunst um 1900, die jetzt erstmalig in einer großen Sonderausstellung präsentiert wird. Die internationalen Pioniere der Plakatkunst wie etwa Henri de Toulouse-Lautrec sind in der Ausstellung mit 164 ausgewählten Originalen vertreten.
Seit etwa 1870 eroberten farbige Bildplakate die Straßen Europas und Amerikas. Bis dahin waren Plakatentwurf und -herstellung in den Händen von Druckern und Lithografen gewesen, doch zunehmend nahmen sich Künstlerinnen und Künstler der Gestaltung an. Zunächst in Frankreich, später auch in England und den USA, zuletzt Mitte der 1890er-Jahre in Deutschland und den anderen europäischen Ländern breitete sich die Plakatkunst aus. Die künstlerischen Stilrichtungen der Jahrhundertwende, Jugendstil und Art Nouveau, fanden in der plakativen Werbung ihr ideales Medium. Großflächige Gestaltung, kräftige Farben, schwungvolle, modulierende Konturen entsprachen den Idealen des Jugendstils. Mit den Plakaten wurde für alle Sparten des Alltags und der Kultur geworben, sowohl für Ausstellungen und Theateraufführungen, Reisen und Sport- veranstaltungen, neueste Buchveröffentlichungen und Zeitschriften, als auch für kommerzielle Produkte wie Fahrräder, Kaffee und Mode.
Das Sprengel Museum Hannover übernahm bei der Gründung 1979 ein Konvolut von 631 Plakaten vom damaligen Kestner-Museum. Das älteste städtische Museum, heute Museum August Kestner, hatte 1915 über hundert Plakate von einem hannoverschen Privatsammler erworben. Unter der Leitung von Albert Brinckmann, Sohn des legendären Gründers des Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, Justus Brinckmann, wurde die Plakatsammlung aufgebaut. Vor allem in Hamburg und Berlin, aber auch in Hannover wurde das Plakat-Sammeln in diesem Zeitraum eine neue Disziplin der Museen. Sie alle packte die affichomanie – der Plakatwahn. Unter den zahlreichen Ablegern des „Vereins der Plakatfreunde“ war der aktivste Verein die 1912 gegründete „Ortsgruppe Hannover“, die zahlreiche Ausstellungen, Vorträge und Wettbewerbe veranstaltete. Ihr Vorsitzender war der Direktor des Kestner-Museums, sodass auf diesem Wege vermutlich die Gratis-Tausch- und Verkaufsplakate des Vereins der Plakatfreunde in die Sammlung gelangten. Die Ausstellung PLAKATIV zeigt Werke von den stilprägenden Künstlern dieser Zeit: Henri de Toulouse-Lautrec, Jules Chéret, Aubrey Beardsley, Edmund Edel, William H. Bradley, Eugène Grasset, Ludwig Hohlwein, Alfons Mucha, Edward Penfield und Théophile-Alexandre Steinlen. Aber auch weniger bekannte und neu zu entdeckende Künstler aus Frankreich, Deutschland, den USA, Großbritannien, Spanien, Belgien, Italien und Österreich.