21.11.2010 - 14.03.2010
Georg Baselitz verstößt in seinem Werk kontinuierlich gegen festgelegte Kategorien und Regelmäßigkeiten. Die Vieldeutigkeit seiner Werke ebenso wie die kunsthistorischen, zeitgeschichtlichen und biografischen Anspielungen und Bildreferenzen, die ironische Distanz und die Experimentierfreudigkeit machen deutlich, wie er seine Malerei unaufhörlich neu denkt und erfindet.
In der Skulptur, der sich Baselitz erstmals 1979 widmet, kämpft er wie in seiner Malerei gegen Harmonie und Symmetrie.
Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden zeigt das bildhauerische Werk des Künstlers von der ersten Arbeit „Modell für eine Skulptur“ (1979/80) bis zu der neuesten Skulptur „Volk Ding Zero“ (2009), die in Baden-Baden erstmals vorgestellt wird. In den neun Oberlichtsälen werden Holzskulpturen aus neun wichtigen Schaffensphasen gezeigt. Punktuell treten diese in Dialog mit Gemälden, die das gleiche Sujet wie die Skulpturen bearbeiten. Denn in vergleichbarer Weise wie der Maler Baselitz in seinen Gemälden den einzelnen Pinselzügen eine größtmögliche Freiheit einräumt, so behandelt der Bildhauer Baselitz das Holz mit Kettensäge, Beil und Stecheisen. Durch den rohen Kraftakt entstehen in der Skulptur schroffe Linien, Kerben und Einschnitte. Von ihm ist die jeweilige Figuration abhängig und erhält ihr unverwechselbares Erscheinungsbild. Skulptur ist, so der Künstler, ein kürzerer Weg als die Malerei, um das gleiche Problem auszudrücken, weil Skulptur primitiver, brutaler und vorbehaltloser als Malerei ist. Die lebhafte Sprachkraft der bildnerischen Mittel ist im Medium Skulptur viel direkter lesbar und viel weniger verschlüsselt.
Baselitz setzt sich in seinen Skulpturen bevorzugt mit dem Sujet der Figur auseinander. Neben überdimensionalen Ganzkörperfiguren gestaltet er vor allem Beine, Köpfe und Torsi. Dabei geht es ihm zunächst jedoch nicht um eine konkrete Person, sondern um das Abbild als Träger seiner künstlerischen Ideen. Vorwiegend mit Aggression bearbeitet Baselitz Ahorn, Lindenholz, Rotbuche oder Zedernholz. Die entgegen aller handwerklich künstlerischen Eleganz gesägten, geschnitzten und gestochenen Skulpturen wirken oft wie „Figuren voller Wunden“.