14.03.2010 - 11.04.2010
„Der Mensch und seine Probleme sind der Inhalt meiner Arbeit“, schreibt die Künstlerin in einer ihrer wenigen erhaltenen persönlichen Aufzeichnungen. Und so hat sie das Bild des Menschen in das Zentrum ihres künstlerischen Schaffens gestellt. Unabhängig von Fragen des sich wandelnden künstlerischen Zeitgeistes hat sich die Bildhauerin Ulla HÂ’loch-Wiedey mit großer Leidenschaft und Konsequenz ein eigenständiges, ausdrucksstarkes Themen- und Formenrepertoire erarbeitet.Das Stadtmuseum Hattingen erinnert mit einer Retrospektive an das Schaffen der Hattinger, die in diesem Jahr ihren 90ten Geburtstag gefeiert hätte.
Eine Frau, die schützend ihr Kind umarmt, eine hockende Figur, die das Gesicht hinter ihren verschränkten Armen verbirgt: Die größeren und kleineren Einzelskulpturen und in sich ruhenden Figurengruppen der Künstlerin kreisen um Themen, die stark mit persönlichen Erlebnissen und dem Entsetzen über die Greueltaten der Nationalsozialisten verbunden sind. Die Titel der Plastiken spiegeln häufig die Intention der Künstlerin wieder. Dem Publikum begegnen „die Hockenden“, „Liegenden“, „Mutter und Kind“ und der „Sitzende“. „Charakteristisch ist, dass die auf Frontalansicht angelegten Figurengruppen keinen direkten Blickkontakt mit den Betrachter/innen aufnehmen: Die Lider sind tief über die Augen gezogen, die Gesichter maskenhaft reduziert. Und dennoch wirken Ulla HÂ’loch-Wiedeys Menschen nicht abgewandt durch ihren nach Innen gerichteten Blick oder isoliert in der Symbiose ihrer Beziehung. Folgt man dem Spiel von Licht und Schatten auf der lebendig gemaserten, glänzend polierten Oberfläche, entwickelt sich im Prozess des Wahrnehmens ihre sinnliche Präsenz, die zu einem Dialog auffordert,“ schreibt die Kunsthistorikern Annette Quast in ihrer Einleitung zum Ausstellungskatalog.
In der Ausstellung werden die aus Linde, Eiche und Mahagoni gearbeiteten Figuren wie z.B. die „Hockende“,„Christopherus“ und „Angst“ aus der künstlerischen Frühphase der 1960er Jahre ebenso zu sehen sein wie zahlreiche Bronzefiguren, die nach einem zuvor angefertigten Ton- oder Gipsmodell gegossen wurden. Insgesamt sind es rund 40 Arbeiten, deren Oberflächenstruktur nicht nur das Auge zum Entdecken einlädt, sondern vor allem auch sehbehinderten und blinden Menschen die Möglichkeit bietet, durch Berühren und Erfühlen, Kunst zu erfahren. Ob glatt oder rauh, warm oder kalt – die Oberflächen bestimmen das Erscheinungsbild der Figuren und sowohl das Hinsehen, wie das Ertasten sind möglich. In der Ausstellung „Der Mensch“ ist berühren erwünscht; Kunst begreifen fällt so den Besucher/innen vielleicht leichter.
Ulla H'loch-Wiedey wird am 17. 06. 1920 in Herford geboren. Nach Studienzeiten an der Werkkunstschule in Dortmund und einem weiteren Jahr an der Staatlichen Kunstakademie Stuttgart bei den Professoren Fritz von Graevenitz und Peter-Otto Heim beginnt sie 1946 mit ihrer freien künstlerischen Arbeit. Begleitet von persönlichen Schicksalsschlägen beschäftigt sie sich während ihrer gesamten Schaffenszeit mit dem Bild des Menschen.
In Hattingen finden sich Objekte von ihr im öffentlichen Raum; so gestaltete sie 1986 den Gedenkstein auf dem „Synagogenplatz“ und mitten im Stadtzentrum auf dem Untermarkt begegnen die Menschen ihrer „Hockenden“; auch in Niederwenigern, ihrem Wohn- und Lebensort, werden Plastiken der Künstlerin präsentiert.