07.05.2010 - 22.08.2010
Herausragende Werke der Fotokunst stehen im Mittelpunkt einer retrospektiven Ausstellung, die sich dem Werk von Barbara Klemm widmet. Die erste Einzelpräsentation der renommierten, 2010 mit dem Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichneten Fotografin in Karlsruhe umfasst etwa 300 Exponate und stellt das gesamte Spektrum ihrer Arbeiten seit 1968 vor: politische Ereignisse, Studentenunruhen und Bürgerinitiativen, Szenen aus der BRD und der DDR sowie aus dem wiedervereinten Deutschland, Länder, Alltagsszenen und Straßensituationen aus allen Erdteilen, einfühlsame Porträts von Künstlern, Schriftstellern, Musikern, Menschen im Museum.
Die Tochter des Malers Fritz Klemm, der viele Jahre als Lehrer und Professor an der Karlsruher Kunstakademie wirkte, erhielt ihre Ausbildung in einem Fotoatelier in Karlsruhe, wo sie auch aufgewachsen ist. Von 1959 bis 2004 arbeitete sie für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, seit 1970 als Redaktionsfotografin mit den Schwerpunkten Politik und Feuilleton. Parallel dazu erschienen ihre Fotografien auch in zahlreichen Büchern, Wochenzeitungen und Magazinen.
Die gebürtige Münsteranerin Barbara Klemm zählt nicht nur zu den bedeutendsten Pressefotografinnen im Nachkriegsdeutschland, sie gehört auch zu den wenigen Vertreterinnen ihres Metiers, die aus dem Fotojournalismus eine eigene Kunst gemacht haben. Ihre konsequent in Schwarz-Weiß realisierten Bilder sind weit mehr als für den Tag gemachte Reportagefotos. Mit sicherem Gespür für das Wesentliche und mit ausgewogenen, subtil gewählten Bildausschnitten gelingen ihr immer wieder Aufnahmen, die zu den Ikonen der Zeitgeschichte zählen. Dabei gilt ihr Interesse nicht dem Sensationellen oder Effektheischenden, vielmehr zeichnen sich ihre Werke gerade durch Respekt und Diskretion, durch Anteilnahme und ein untrügliches Gespür für den ausdrucksstärksten Moment aus.
Ein besonderer Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Aufnahmen von Straßen, die Barbara Klemm im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Reportagefotografin weltweit angefertigt hat. Als Chronistin unserer Zeitgeschichte hat sie alle Kontinente bereist. Sie kann Geschichten mit einem einzigen Bild erzählen - und mit einem Einfühlungsvermögen, einer Intensität und Spannung, die unnachahmlich sind. "Barbara Klemm ist ganz Auge, ein Auge, das ständig unterwegs ist. Sie sucht nicht, sie findet, sie entdeckt das, was sie berührt, ergreift, fasziniert, was ihren Humor anspricht und worin sie Zeichen der Zeit erkennt", schrieb Barbara Catoir im Bildband "Straßen Bilder", der kürzlich im Züricher Nimbus Verlag erschienen ist.
Zu den bedeutendsten und ungewöhnlichsten Aufnahmen Barbara Klemms gehört das Bildnis eines als Rückenfigur wiedergegebenen Mannes in einem kargen Raum vor hohem Fenster. Diese streng komponierte Aufnahme zeigt ihren Vater, den Maler Fritz Klemm (1902-1990), in seinem Atelier in der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Eine Auswahl seiner großformatigen, reduzierten Papierarbeiten wird - parallel zur Ausstellung der Fotografien von Barbara Klemm - im Forum der Städtischen Galerie Karlsruhe gezeigt. Unter dem Titel "Fritz Klemm. Die Wand" sind Zeichnungen und Collagen aus der späten Schaffenszeit zu sehen. 1970 musste der Künstler seine Atelierräume in der Akademie aufgeben, der damit verbundene Wechsel in ein anderes Atelier bedeutete auch eine künstlerische Neuorientierung. Von nun an konzentrierte sich Klemm auf ein einziges Motiv - die kahle Betonwand seines Ateliers, die auf ebenso kompromisslose wie faszinierende Weise zum Ausgangspunkt und zur Reflexionsfläche für seine Kunst wurde.