24.01.2009 - 17.05.2009
Tilmann Krieg ist ein Fotograf, dessen Arbeit deutlich die Herkunft aus der Malerei erkennen lässt.
Dabei sind seine Arbeiten sehr subjektive Darstellungen seiner persönlichen Eindrücke in vielen Regionen der Welt, in denen er arbeitet und ausstellt - auch in der Intention, seine Bilder dorthin zurückzubringen, wo sie entstanden sind.Gerade eben erst ist in Zusammenarbeit der Johann- Wolfgang Goethe Universität Frankfurt mit dem Goethe Institut Addis Abeba, ein Bildband erschienen über ein langjähriges Äthiopienprojekt des Künstlers, unter dem programmatischen Titel "Ethiopia with different eyes".
Kriegs Arbeiten werden aber auch in den USA gezeigt, in Brasilien, wo er einen zweiten Lebensschwerpunkt hat, in Australien, China und Südkorea.
Im vergangenen Jahr gewann er den Fotokunstpreis "Shooting Hidden Spot" der internationalen Kunstmesse Seoul - der größten Kunstmesse Asiens.
Krieg, der sich schon als Schüler intensiv mit Fotografie beschäftigte, studierte Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunnkt Buchgestaltung und Illustration in Düsseldorf und anschließend Freie Kunst und Malerei an der Kunsthochschule in Strasbourg.
Nach zahlreichen Ausstellungen als Zeichner und Maler, hat er sich 1999 bewußt für die Fotografie entschieden, als sein künstlerisches Medium. Er selbst sagt von sich, dass er unterschiedliche Kameras benutze, wie früher seine Farbpinsel.
Das besagt zum einen, dass er bewußt seine Kamera auswählt, um eine bestimmte Vorstellung umzusetzten, wie der Maler sein Malwerkzeug aussucht.
Zum anderen beschreibt es aber auch den physischen Akt des Fotografierens, der aus einem malerischen Duktus heraus entsteht, aus der Dynamik des schöpferischen Moments heraus, gerade also dem Kontrakonzept zu einer Fotografie etwa, bei der die Kamera auf einem Stativ steht, um einen Moment möglichst konturenscharf einzufrieren.
Deutlich spürbar ist dieses Konzept in der Ästhethik der Arbeiten von Tilmann Krieg.
Vermag die klassische Fotografie zumindest die Illusion zu vermitteln, Augenblicke auf Dauer festhalten zu können, so thematisiert Krieg genau das, was zwischen fixierten Momenten liegt: das Dynamische, Bewegte, Vergängliche - das, was mehr atmosphärisch spürbar, als konkret sichtbar ist.
Unwillkürlich fühlt man sich an die Barocksonette eines Andreas Gryphius erinnert, oder an die Stelle im Faust, worin es heißt dass "alles was entsteht" auch wert sei "dass es zugrunde geht".
Aber auch die Nähe zu Künstlern wie Tom Waits oder Jim Jarmusch wird zu Recht immer wieder konstatiert: der Mensch als Individuum inmitten der Gegebenheiten mehr oder weniger zufälliger Ereignisse, die sich nicht festhalten und kaum beeinflussen lassen.
Entsprechend dem Motto De Chiricos, man müsse "das malen, was nicht sichtbar ist", bildet Krieg in seinen Fotografien diese unsichtbaren Faktoren ab: das Flüchtige des Augenblicks, den kurzen Reiz der Sinne, das Geheimnisvolle, Verlockende, Irritirende, Sehnsuchtsvolle.
Dabei erreicht er eine Bildsprache, die manchmal die Grenze der Abstraktion überschreitet - ein Prozess, den die Malerei vor hundert Jahren begann, den aber die Fotografie als Kunstform gerade erst im Begriff ist, in diesen Bildern zu vollziehen.
Tilmann Krieg lehnt es ab, über Technik zu sprechen, da ihm seine Themen im Vordergurnd stehen.
Dass seine Arbeiten rein digital entstehen, daraus macht er kein Geheimnis. Allerdings legt er Wert darauf, dass seine Bilder unmanipulierte Fotografien sind. Am Computer werden allenfalls Korrekturen der klassischen Dunkelkammertechnik vorgenommen: Helligkeit, Kontrast und Farbsättigung.
Das Bild selbst entsteht aber aus dem reinen Akt der Fotografie vor dem Hintergrund klassischer Malerei.
Tatsächlich gibt es einige junge Arbeiten, in denen sich die Malerei zeichenhaft wieder in den Vordergrund drängt und die Synthese verschiedener künstlerischer Techniken gekonnt vereint.
Die Ausstellung im Museum Villa Haiss zeigt unter dem Titel "Passagen" eine Auswahl von neuen und aktuellen Arbeiten von Tilmann Krieg aus einem Zeitraum von 2003 bis heute.