27.05.2009 - 11.10.2009
Schwarz-rot-goldene Fahnen an Fenstern, Gebäuden, Autos: Spätestens seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland tragen vor allem Jugendliche wieder „National“, zeigen Flagge, feiern fröhliche Feste mit „Fahnenträgern“ anderer Nationen. Was steckt hinter dieser Demonstration nationaler Symbole in Deutschland, die lange Jahre nur mit Misstrauen betrachtet wurde?
Im Jubiläumsjahr 2009 „60 Jahre Bundesrepublik Deutschland“ zeigt das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Ausstellung über die deutschen Nationalsymbole. Sie fragt nach der Herkunft von Fahne, Hymne und Wappen und beleuchtet ihre Verwendung in verschiedenen historischen Epochen. Besonders die Einrichtung von nationalen Gedenk- und Feiertagen sowie der Umgang mit Denkmälern und Gedenkstätten in demokratischen Gesellschaften und Diktaturen werfen ein Schlaglicht auf die unterschiedlichen Motive und Absichten.
Die Ausstellung „Flagge zeigen?“ konzentriert sich auf die Zeit nach 1945. Die Entstehung nationaler Symbole im 19. Jahrhundert, ihre Rolle im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus wird exemplarisch beleuchtet.
Schwarz-Rot-Gold ist nach 1945 das einzige von Krieg und Terror unbelastete gesamtdeutsche Symbol für die Deutschen in allen Besatzungszonen. Bei der doppelten Staatsgründung 1949 beschwören beide deutsche Teilstaaten mit diesen Farben die nationale Einheit. Zugleich setzen sie unterschiedliche Akzente in ihrer Erinnerungskultur und grenzen sich im Kalten Krieg zunehmend voneinander ab.
Die SED begreift die DDR seit den 1970er Jahren zunehmend als sozialistische Nation und betreibt die Abgrenzung von der Bundesrepublik. Diese hält dagegen am Ziel der nationalen Einheit fest, auch wenn die Wiedervereinigung Deutschlands zu dieser Zeit nicht realisierbar erscheint, und gibt dieser Politik symbolhafte Zeichen: Der 17. Juni, der Tag der Volkserhebung in der DDR, wird nationaler Feiertag, das Brandenburger Tor Sinnbild der Teilung Deutschlands und des Willens zu ihrer Überwindung. Die DDR setzt auf die Traditionen der Arbeiterbewegung und der Kommunistischen Internationale: Sie feiert vor allem den 1. Mai als internationalen Kampftag der Arbeiterklasse, den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus und die Staatsgründung am 7. Oktober.
Friedliche Revolution und deutsche Einheit stehen 1989/90 im Zeichen von Schwarz-Rot-Gold. Die Staatssymbole der DDR werden aus der Öffentlichkeit entfernt, während in den Medien erste Diskussionen um den Erhalt „sozialistischer“ Denkmäler beginnen.
Vor allem in der Hauptstadt Berlin setzt das vereinigte Deutschland – begleitet von regen öffentlichen Diskussionen – bauliche Signale für das Selbstverständnis der Republik: Der Umbau des Reichstagsgebäudes zum Sitz des Deutschen Bundestages und die begehbare gläserne Kuppel geben dem politischen Berlin ein populäres Erkennungsmerkmal. Das wiedervereinigte Deutschland bekennt sich zu seiner historischen Verantwortung und setzt der Erinnerung an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft mit der Neukonzeption der Gedenkstätte „Neue Wache“ und dem „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ Zeichen.