Die Vogelperspektive, also der Blick von oben, ist die wohl beste Möglichkeit, um sich einen Überblick über eine Landschaft zu verschaffen.
Die Ausstellung erzählt mit eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Aufnahmen die bislang wenig bekannte Geschichte der Brieftauben-Fotografie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie gilt als wichtiges historisches Vorbild für die heutige Luftbildfotografie.
20 vergrößerte Reproduktionen und rund 20 Originalabzüge von Luftaufnahmen, bei denen Brieftauben als Fotografen eingesetzt wurden, würdigen Julius Neubronner (1852-1932) als eine der ersten Personen, der es gelang, die Welt wortwörtlich von der Vogelperspektive aus zu betrachten.
Der Erfinder Julius Neubronner
Julius Neubronner, Apotheker im hessischen Kronberg, hatte die geniale Idee, Brieftauben als Träger von Fotoapparaten einzusetzen. Die von ihm entwickelten Taubenkameras fanden schnell Beachtung und kamen auf verschiedenen Gebieten zum Einsatz, vor allem in der kriegsrelevanten Aufklärungsfotografie.
Das Preußische Kriegsministerium hatte großes Interesse an Neubronners Erfindung. Die gefiederten Soldaten erfüllten jedoch nicht alle Erwartungen - letztendlich erwiesen sich Aufklärungsflugzeuge als besser und effektiver. Und so endete noch vor Kriegsschluss 1918 die intensive Zusammenarbeit zwischen Neubronner und dem Militär.
Wie kommt ein Apotheker zur Brieftauben-Fotografie?
Wie schon sein Vater setzte Julius Neubronner die Vögel zunächst als Kuriere für den Transport von Medikamenten und Rezepten ein. Als eine seiner Tauben erst nach Wochen von einem Kurierflug wohlgenährt zurückkehrte, rätselte er, wo sich das vermisste Tier aufgehalten haben könnte. Es kam ihm die Idee, zur Überwachung seiner Tauben eine selbstauslösende Miniaturkamera zu entwickeln.
Im Dezember 1908 wurde das Patent "Verfahren und Vorrichtung zum Photographieren von Geländeabschnitten aus der Vogelperspektive" vom Kaiserlichen Patentamt angenommen. Bis in die 1920er Jahre hinein entwickelte Neubronner mit erheblichem finanziellem Aufwand circa ein Dutzend der 30 bis 75 Gramm schweren Kameramodelle. Der erhoffte kommerzielle Erfolg blieb allerdings aus.
Das Historische Archiv der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin erwarb 1992 den Nachlass von Julius Neubronner. Dieser enthält zahlreiche Unterlagen zu Versuchen und Erfindungen der Brieftauben-Fotografie sowie eine umfangreiche Fotosammlung mit Originalaufnahmen. In Zusammenarbeit mit dem Verlag Rorhof entstand Ende 2017 die dreiteilige Publikation "The Pigeon Photographer" mit weiteren Aufnahmen Neubronners aus dem Stadtarchiv Kronberg.