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Gustav Lübcke-Museum


Neue Bahnhofsstr. 9
59065 Hamm in Westfalen
Tel.: 02381 17 5701
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-Sa 10.00-17.00 Uhr
So 10.00-18.00 Uhr

Sehnsucht Finnland

18.10.2015 - 20.03.2016

Paris, Stockholm und vom 18. Oktober 2015 bis 20. März 2016 in Hamm: Die renommierte Gösta Serlachius Kunststiftung aus Finnland gibt im Herbst 2015 ihr Deutschland-Debüt. Erstmals sind rund 70 hochkarätige Werke aus einer der größten und bekanntesten Privatsammlungen Finnlands hierzulande zu sehen.
Anlass ist die Wiedereröffnung des Gustav-Lübcke-Museums in Hamm, das sein Premieren-Jahr nach umfassender Renovierung mit der Neueinweihung aller Dauerausstellungsbereiche durch diese Sonderschau krönt. „Es freut uns sehr, dass es uns gelungen ist, ein so großes Konvolut bedeutender Werke nach Deutschland zu holen“, sagt die Hammer Museumsdirektorin Dr. Friederike Daugelat. „Die Kunststiftung Serlachius ist im internationalen Leihverkehr sehr aktiv, beteiligt sich an anderen Sonderausstellungen aber meist nur mit einigen wenigen Leihgaben. Umfassend hat sie sich bisher erst zweimal außerhalb Finnlands präsentiert: in Paris und Stockholm. Wir sind stolz, die erste deutsche Station dieser Sammlung zu sein“, fasst Daugelat zusammen. Im Mittelpunkt der Hammer Ausstellung, die vom 18. Oktober 2015 bis zum 20. März 2016 gezeigt wird, steht das sogenannte „Goldene Zeitalter“ finnischer Malerei, also die Zeit zwischen 1880 und 1920, und damit gleichzeitig der Aufbruch und die Hinwendung der skandinavischen Malerei zur Moderne.
„Allgemein lässt sich ein wachsendes Interesse an nordischer Kunst wahrnehmen“, sagt Friederike Daugelat mit Blick auf einige der aktuellen Ausstellungstrends in Deutschland. „Man kann dort den zeitgenössischen Strömungen um 1900 wie dem Realismus, dem Impressionismus oder dem Symbolismus in ganz eigener Ausprägung begegnen.“ Dass die finnische Kunststiftung in dieser Epoche ihren Schwerpunkt hat, verdankt sie dem aufgeschlossenen Insdustriellen Gustaf Adolf Serlachius. Der Mäzen begann um 1900 damit, Kunst zu sammeln und war dabei sehr offen für die modernen Künstler seiner Zeit. Vor allem war er befreundet mit dem Maler, der heute als der finnische Nationalmaler schlechthin gilt, Akseli Gallen-Kallela, so dass zahlreiche von dessen Bildern Eingang in die Sammlung fanden.
Gustaf Adolfs Neffe Gösta führte die Sammeltätigkeit seines Onkels fort, gründete offiziell eine Kunststiftung und strebte danach, in Mänttä in der Nähe der familieneigenen Papierfabrik ein eigenes Museum einzurichten für eine exquisite Sammlung, die inzwischen über 7.000 Werke umfasst. „Hier ergeben sich Parallelen zum Gustav-Lübcke-Museum“, betont Friederike Daugelat. „Gustav Lübcke war ebenfalls ein Kunstfreund, der seine Sammlung öffentlich zugänglich machen wollte und sie 1916/17 der Stadt Hamm überschrieb, womit er wesentlichen Anschub zur Gründung eines eigenen Museums gab.“ Der Neubau des Gustav-Lübcke-Museums wurde 1993 eröffnet nach Entwürfen der bekannten dänischen Architekten Bo und Wohlert, die auch für den Bau des Kunstmuseum Louisiana bei Kopenhagen verantwortlich zeichnen. „Die Räume des Gustav-Lübcke-Museums mit ihren lichtdurchfluteten Sälen und den hellen Dielenböden sind also stark von einer skandinavischen Ausrichtung geprägt und damit das perfekte Ambiente für eine Ausstellung mit skandinavischen Meisterwerken“, fasst Friederike Daugelat zusammen.
Rund 30 verschiedene Maler sind in der Ausstellung mit dem Titel „Sehnsucht Finnland – Skandinavische Meisterwerke um 1900“ vertreten. In Finnland und den nordischen Ländern sind diese Künstler größtenteils sehr bekannt und waren es zu ihren Lebzeiten auch in Deutschland. Viele Maler studierten um die Jahrhundertwende 1900 in Paris und knüpften dort internationale Kontakte, etwa zu Edvard Munch oder den Brücke-Künstlern, sie waren auf den Weltausstellungen sowie auf Präsentationen in ganz Europa vertreten. Heute sind ihre Werke außerhalb Skandinaviens eine echte Wiederentdeckung, in Finnland, Schweden oder Dänemark sind ihre Namen jedoch auch jetzt noch in der Kunstszene sehr geläufig und Garanten für hohe Qualität. Zu den Künstlern der Ausstellung gehören neben Akseli Gallen-Kallela viele bekannte Maler wie Albert Edelfelt, Hugo Simberg, Pekka Halonen, Elin Danielson-Gambogi, Helene Schjerfbeck, Magnus Enkell, Eero Nelimarkka, Juho Rissanen, Verner Thomé oder Victor Westerholm. Darüber hinaus umfasst die Sammlung Serlachius auch einige weitere skandinavische Maler, die mit den Kollegen aus Finnland im Austausch standen, etwa Bruno Liljefors oder Anders Zorn. Gemeinsam erlauben die Bilder einen breiten Überblick über das Finnland der Jahrhundertwende.
„Motivisch finden sich weite, scheinbar unberührte Landschaften, Seestücke von der Küste, Bildnisse der noch ganz in alten Traditionen verwurzelten Einwohner ebenso wie Einflüsse der um sich greifenden Industrialisierung, die typisch finnischen Saunagänger oder ausdrucksstarke Stillleben“, beschreibt die Hammer Museumsdirektorin die Auswahl der Bilder. Viele dieser Werke waren noch nie in Deutschland ausgestellt und bieten in dieser Zusammenschau ein einmaliges Panorama der Zeit- und Kunstgeschichte. „Der Ausstellungstitel ,Sehnsucht Finnland‘ ist dabei Programm“, so Friederike Daugelat weiter. „Nicht nur die eigenen Sehnsüchte nach unberührten Fjordlandschaften und nordischen Lebenswelten vermag das Thema zu wecken, es trifft auch genau die Intention, mit der die Maler um 1900 ihre Werke auf die Leinwand gebracht haben.“ Die Kunst spielte im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert in Finnland nämlich eine sehr wichtige, ja sogar eine politische Rolle: Ihr kam eine besondere Verantwortung zu in einem Land, das 700 Jahre unter schwedischer und 100 Jahre unter russischer Fremdherrschaft gestanden hatte und nun nach Unabhängigkeit strebte. Im Rahmen der erwachenden nationalen Selbstfindung und dem verstärkten Verlangen nach Freiheit erhielt die Kunst eine zunehmend identitätsstiftende Position. Diese spannende und spannungsreiche Phase des Aufbruchs in Nation und Kunst spiegeln die Bilder der finnischen Maler auf vielfältige Weise wider – aber auch ohne dieses Hintergrundwissen überzeugen sie durch malerische Ansichten, einmalige Stimmungen, atmosphärische Symbolik, frische Bildausschnitte, einfühlsame Porträts sowie leuchtende Farben und vermögen es, da ist sich die Museumsdirektorin sicher, auch ein heutiges Publikum sogleich in ihren Bann zu schlagen.

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