Kunsthalle, Foto: Achim Kukulies
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Kunsthalle Düsseldorf

Kunsthalle, Foto: Achim Kukulies
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Grabbeplatz 4
40213 Düsseldorf
Tel.: 0211 89 962 40
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Öffnungszeiten:

Di-So 11.00-18.00 Uhr

Florian Neufeldt & Matthias Ströckel: Sich im Unendlichen kreuzende Parallelen

09.03.2013 - 28.04.2013

Die Wer­ke von Flo­ri­an Neu­feldt (*1976) und Matt­hi­as Strö­ckel (*1986) zeu­gen von der Neu­gier und dem Ver­lan­gen des Men­schen, die Din­ge um sich her­um durch un­ter­schied­li­che Stra­te­gi­en der Ver­mes­sung – so­wohl räum­lich als auch zeit­lich – zu hin­ter­fra­gen und zu ver­ste­hen. Da­bei wird die Wahr­neh­mung selbst zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt und die Kon­struk­ti­on von Wirk­lich­keit zum zen­tra­len The­ma des je­wei­li­gen Werks. Das im Ti­tel der Aus­stel­lung auf­ge­grif­fe­ne Pos­tu­lat geht auf den an­ti­ken grie­chi­schen Ma­the­ma­ti­ker Eu­klid zu­rück, der es in den Ele­men­ten – ei­ne Sys­te­ma­ti­sie­rung und Ab­hand­lung ma­the­ma­ti­scher, as­tro­no­mi­scher und mu­si­scher Phä­no­me­ne, die bis heu­te für un­ser Ver­ständ­nis von Ma­the­ma­tik, Kos­mos und Mu­sik von gro­ßer Be­deu­tung ist – auf­stell­te. Es dient hier als schwer fass­ba­res und den­noch fas­zi­nie­ren­des Bild, das „nur“ im Kopf funk­tio­niert und auf das phan­tas­ti­sche Po­ten­ti­al ma­the­ma­ti­scher wie phy­si­ka­li­scher Pa­ra­do­xe hin­weist. Ei­ner­seits er­zeugt es Un­ver­ständ­nis, an­de­rer­seits regt es zum Nach- und Wei­ter­den­ken an, in­dem es uns auf un­se­re Gren­zen (der Ver­mes­sung) ver­weist und gleich­zei­tig ei­nen (Denk-)Raum öff­net, der jen­seits des Wirk­li­chen liegt und neue Ord­nun­gen zu­lässt. Hier knüpft die Dop­pel­aus­stel­lung mit Flo­ri­an Neu­feldt und Matt­hi­as Strö­ckel an.
Flo­ri­an Neu­feldt ver­misst den Aus­stel­lungs­raum, in­dem er für den Sei­ten­licht­saal ei­ne neue Ar­beit ent­wi­ckelt, in der ei­ne Bohr­ma­schi­ne – un­sicht­bar – hin­ter ei­ner Wand ent­lang­fährt, die­se ver­misst und in un­re­gel­mä­ßi­gen Ab­stän­den durch­lö­chert. Da die Spit­ze des Boh­rers al­ler­dings im­mer nur so kurz auf­taucht, dass sie sich meist dem Blick des Be­trach­ters ent­zieht, blei­ben al­lein das Ge­räusch und das Loch – ein Loch ne­ben dem nächs­ten, will­kür­lich in die Wand ge­bohrt. Was wird hier ver­mes­sen und ge­ord­net? Das Nicht-Wis­sen von dem „Da­hin­ter“ ir­ri­tiert, macht neu­gie­rig und er­zeugt ei­nen Vor­stel­lungs­raum hin­ter der sich ste­tig wan­deln­den, löch­ri­gen Bild­flä­che, der durch den Boh­rer mit Lärm ge­ je nach As­so­zia­ti­on – et­was Be­droh­li­ches, Mys­te­riö­ses, We­sen­haf­tes ver­kör­pert. Gleich­zei­tig er­zeugt der Rhyth­mus der tech­ni­schen Wie­der­ho­lung ei­ne Wie­der­er­ken­nung und Ver­traut­heit in Be­zug auf das mys­te­riö­se „Stör­ge­räusch“.
Matt­hi­as Strö­ckels kon­zep­tu­ell aus­ge­rich­te­te Ob­jek­te, Fo­to­gra­fi­en, Dru­cke und Zeich­nun­gen krei­sen um räum­li­che und zeit­li­che Ver­mes­sungs­stra­te­gi­en von Welt, in­dem sie die­se auf un­ter­schied­li­che Wei­se ver­bild­li­chen und da­bei gleich­zei­tig de­ren Sinn und Zweck in Fra­ge stel­len. Sie ge­win­nen ih­ren Reiz durch ei­ne mi­ni­ma­le künst­le­ri­sche Set­zung, bei der Strö­ckel die Rol­le ei­nes Künst­ler-Wis­sen­schaft­lers ein­zu­neh­men scheint. Da­bei be­dient er sich phi­lo­so­phi­schen wie kunst­wis­sen­schaft­li­chen Theo­ri­en und hin­ter­fragt die Gren­zen von wis­sen­schaft­li­cher Ge­nau­ig­keit und in­di­vi­du­el­ler Wahr­neh­mung, oh­ne das äs­the­ti­sche Po­ten­ti­al – die Au­ra – des ein­zel­nen Ob­jekts zu ver­ges­sen oder di­dak­tisch zu wer­den. Er do­ku­men­tiert phy­si­ka­li­sche Pro­zes­se (oh­ne Ti­tel, drei Fo­to­gra­fi­en, 2012) oder führt sie als un­mit­tel­ba­res Er­leb­nis im Aus­stel­lungs­raum vor (Re­fe­renz­rah­men, 2011). So the­ma­ti­siert Strö­ckel die mensch­li­che Wahr­neh­mung und das Be­ob­ach­ten so­wie Fest­schrei­ben von Raum und Zeit, wo­bei kar­to­gra­phi­sche Sys­te­me (Wel­ten­kar­te, 2011), die Rhyth­mi­sie­rung von Zeit (Spe­zi­fi­sche To­le­ranz, 2012) und un­vor­her­seh­ba­re Ma­te­ri­al­ver­än­de­run­gen in­ner­halb ei­nes fest­ge­setz­ten, zeit­li­chen Pro­zes­ses im Fo­kus ste­hen.

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