17.05.2009 - 05.07.2009
Die Ausstellung „Sirenenheime“, die in der Kunsthalle Göppingen zu sehen sein wird, ist die erste museale Einzelausstellung Dirk Meinzers. Rund 150 Exponate aus verschiedenen Werkphasen des intermedial arbeitenden Objekt- und Aktionskünstlers werden in der Göppinger Shedhalle zu einem wunderlichen Kosmos zusammenwachsen.
Dirk Meinzer, 1972 in Karlsruhe geboren, ist ein Feldforscher im Reich der Sirenen, jener Mischwesenfiguren, die als Archetypus in den Mythologien aller Kulturen ihren Platz haben. Verborgen in ihren „Sirenenheimen“, als deren Bauherr Dirk Meinzer alle erdenklichen Register zieht, werden sich die betörenden Verführerinnen in der Kunsthalle Göppingen ein verblüffendes Stelldichein geben.
Herzstück der Göppinger Präsentation ist eine ikosaederförmige Rauminstallation: ein großer begehbarer Â’SakralraumÂ’ aus Holzrahmen mit Dampfbremsfolie bespannt. Davon ausgehend entfaltet sich eine aus zahlreichen Einzelobjekten bestehende moderne Wunderkammer, in der sich Erscheinungsformen von Natur und Technik begegnen: Als Wandarbeiten werden u.a. die Werkgruppen „Lächler“, „Präapokalyptikum“, „Rhizomorphe Landschaften“, „Sturmwinddämonen“ oder „Schreckpopanze“ zu sehen sein. In Filmen wie z.B. in dem großformatig projizierten „Mama Wata“-Video, in rätselhaften Fotografien und numinosen Objekten werden sich die scheuen, leibhaftigen Sirenen mehr oder minder blicken lassen. Dabei operiert Dirk Meinzer mit einem prozessualen Werkbegriff. Nicht alles ist für die museale Ewigkeit geschaffen. Spaghetti, Pommes, diverse andere Lebensmittel und Undefinierbares erstarren unter Farbe, Klebstoff, Glitter und Glitzer. Manches kommt knackig frisch daher, anderes verfällt, verwest und verschimmelt. Naturfragmente gehen mit Hightechmaterialien eine jeweils überraschende Liaison ein. Einen ambivalenten Charme werden die Hybridkreaturen, die Dirk Meinzer eigens für die Ausstellung der Kunsthalle Göppingen gestaltet, entwickeln. Die Leiber der grotesken Kreaturen – zusammencollagiert aus beschlagnahmten und sichergestellten Tier-Asservaten – sind faszinierend und abstoßend zugleich. Noch dazu sind sie ein mit Ironie vorgetragener, leibhaftiger Verweis auf die Kollateralschäden der Globalisierung.
Dieter Roth, Jean Dubuffet, Damien Hirst, Paul Klee, Pierre Bourdieu, und Fluxus sind mit Blick auf Dirk Meinzers Ansatz Orientierungsfiguren und -felder in der jüngeren Kunstgeschichte. Hinzu kommt seine Auseinandersetzung mit der Kunst und Kultur Afrikas. Dabei geht es in sehr unterschiedlich ausfallenden ästhetischen Formulierungen immer wieder um den Versuch einer Annäherung an das Fremde. Als Schalk und Magier in einer bizarren Personalunion wählt Dirk Meinzer für diese Annäherung das Verfahren der Assimilation – eine schöpferische Stoffumwandlung im konkreten und übertragenen Sinne.