Das spät- und neogotische Gebäudeensemble am Jenaer Marktplatz ist ein besonderer Treffpunkt von Geschichte und Moderne. Unter einem Dach sind Stadtmuseum und Kunstsammlung vereint. Diese Symbiose erlaubt dem Besucher sowohl interessante Einblicke in die Stadtgeschichte als auch spannende Begegnungen mit der modernen Kunst.
Ausstellung zur Stadtgeschichte
Schon in der Vergangenheit kündeten sieben Wunder von der Einzigartigkeit einer Stadt, deren Entwicklung mit der Universitätsgründung 1558 in eine neue Epoche eintrat. Die Belange der Universität und die Bedürfnisse der Studenten prägten von nun an das städtische Leben. Neben den mit den „sieben Wundern“ beschriebenen landschaftlichen und städtebaulichen Besonderheiten waren es zunächst berühmte Gelehrte, die für die Reputation der Universitätsstadt sorgten. Jena war seinen Anfängen als Weinbauernstadt entwachsen. Ein Zeitstrahl führt den Besucher im Treppenhaus des Museums von den Anfängen Jenas zu einer „Stapelstadt des Wissens und der Wissenschaften“ (Goethe). Philosophen, wie Reinhold, Fichte, Schelling oder Hegel machten Jena im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert zu einem „Saal-Athen“. Möglich wurde diese Entwicklung auch durch einen freiheitlichen Geist, der Wissenschaft und philosophische Spekulation beflügelte. Ein Geist, der aber auch politisch aufbegehrte. So führt der Zeitstrahl den Besucher zur Gründung der Jenaer Urburschenschaft. Getrieben von den Erfahrungen der napoleonischen Befreiungskriege suchten Studenten ihrer Sehnsucht nach einem einigen Vaterland und demokratischen Neubeginn Gehör zu verschaffen. Die Ausstellung belegt mit wichtigen Exponaten, wie der Fahne der Urburschenschaft und ihrer Verfassung, den lebendigen Geist, der diese Stadt belebte.
Die industriellen Anfänge Jenas sind ebenfalls begleitet von der geistigen Kraft und dem mutigen Gestaltungswillen herausragender Persönlichkeiten, wie Zeiss, Abbe oder Schott. Mit einer kleinen Mechanikerwerkstatt begann die Erfolgsgeschichte von Zeiss. Eng mit der Entwicklung des Zeiss-Unternehmens war auch die Entstehung und der Erfolg der glastechnischen Versuchsanstalt von Schott verbunden. Die Zusammenarbeit von Zeiss, Schott und Abbe ist ein Paradebeispiel für das erfolgreiche Zusammengehen von wissenschaftlicher Forschung und praktisch-technischer Umsetzung. Die enge Verbindung von Forschung, technischer Innovation und marktwirtschaftlicher Umsetzung hat in Jena eine lange Tradition.
Im Stadtmuseum wird dem studentischen Leben durch die vergangenen Jahrhunderte viel Raum gegeben und so gehört auch eine echte „Kaffee- und Weinstube“ dazu. Sie ist mit Originalteilen aus der „Alten Göhre“ eingerichtet. Als Paul Göhre im Jahr 1893 das ehemalige Wohnhaus der Marktmüller kaufte und das Haus zu einem der renommiertesten Restaurants umbaute, wurden die Gaststuben mit unterschiedlichen Interieuren versehen – und das heutige „Philisterium“ bietet einen einmaligen Blick in solch einen Gastraum.
Auf kleinstem Raum gibt es Geschichte zum Anfassen: vertäfelte Wände, eine bemalte Kassettendecke, einen mit Schnitzereien verzierten dicken Balken, der viel „Anlehnen“ vertragen kann. Zeitgenössische Tische und Stühle laden zum Verweilen ein und auch auf ein Plüschsofa kann man sich fallen lassen
Der Jenaer Hauswirt hat zwar seinen Lebensunterhalt durch die Studenten verdient, war aber auch oft deren Spott und Streichen ausgeliefert. In den vergangenen Jahrhunderten wurde er als Spießbürger – in der studentischen Sprache als „Philister“ – bezeichnet.