19.02.2011 - 25.04.2011
Mit dem Begriff »Lubok« werden ursprünglich russische Volksbilderbögen des 19. Jahrhunderts bezeichnet - preiswerte Originalgrafik, die auf Jahrmärkten verkauft wurde. Seit 2007 veröffentlichen der Künstler Christoph Ruckhäberle und der Grafiker Thomas Siemon im gleichnamigen Leipziger LUBOK-Verlag unter diesem Titel originalgrafische Bücher.
Die Herausgeber verfolgen dabei den Ansatz, die Originalgrafiken, welche ansonsten heute meist nur noch in geringen Auflagen erstellt und entsprechend teuer gehandelt werden, durch die hohen Auflagen in Buchform jedem Interessierten zugänglich zu machen, ohne auf den Genuss eines Originals mit seinen Farben, seiner Haptik und seinem Geruch verzichten zu müssen. Damit greifen die Künstler auch eine alte, quasi demokratische Tradition der Druckgrafik wieder auf, an die auch HAP Grieshaber angeknüpft hatte.
Die Sammelwerke der Lubok-Reihe stießen auf wachsendes Interesse, sodass sich das Netzwerk der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler stetig erweiterte. Für die auf zehn angewachsene Reihe der LUBOK-Bücher - der neueste Band erscheint dieser Tage - haben sich mittlerweile über einhundert zeitgenössische Maler und Grafiker mit der Technik des Linolschnitts auseinandergesetzt. Die eigene künstlerische Handschrift, die eigene Bildsprache in dem für viele ungewohnten, eher traditionellen Medium des Linolschnitts zu realisieren, wird dabei von den Künstlern als Herausforderung angenommen und als Experimentierfeld genutzt. Verpflichtend sind das Format und die Reduktion auf die Farben Schwarz und Weiß, alles andere steht den Künstlern frei. Die Vielfalt der künstlerischen Herangehensweisen führt so zu immer neuen, überraschenden Bildlösungen. Die Grafiken werden von den originalen Druckplatten auf einer Präsident-Schnellpresse aus dem Jahr 1958 in der Leipziger Baumwollspinnerei gedruckt, die sich in den vergangenen Jahren zu einem Kreativzentrum entwickelt hat, in dem sich zahlreiche Künstler mit ihren Ateliers sowie Galerien angesiedelt haben.
Dass sich zu den Zusammenstellungen der Lubok-Reihe schnell originalgrafische Monografien - u. a. vom dänischen Künstler Tal R, dem Berliner Künstler André Butzer, dem Illustrator Christoph Feist oder von Katharina Immekus - gesellten, mag nicht überraschen. Vom vielfach ausgezeichneten Leipziger Buch- und Plakatkünstler Volker Pfüller sind bereits vier monografische Linolschnittbücher im Lubok Verlag erschienen - unter ihnen "Tierlein", das von der Stiftung Buchkunst zu einem der schönsten deutschen Bücher 2009 gekürt wurde und inzwischen ebenfalls vergriffen ist.
Der Lubok Verlag versteht sich als Plattform für Künstlerbücher im engeren und für Druckgrafik im weiteren Sinne. Künstler aller Genres, Gestalter, Kuratoren, Galeristen und Bibliophile finden über die Teilnahme am Lubok-Projekt zum gegenseitigen Austausch nicht nur über das wiederbelebte Medium Linoldruck. Die gegenseitige Befruchtung und der ständige Energiezufluss wacher und ideenreicher Künstler bildet schließlich die Grundlage der publizistischen Arbeit des Lubok Verlags.
In der Ausstellung des Kunstmuseums Spendhaus werden Vertreter des großen Kreises an Künstlern, die in den letzten Jahren an dem Projekt mitgewirkt haben, vorgestellt. Während auf Tischen die vielseitigen Lubok-Bände nicht nur visuell, sondern auch haptisch und aufgrund der dick gedruckten Buchdruckfarbe häufig noch für den Geruchssinn erfahrbar gemacht werden, zieren weiterführende Grafiken beteiligter Künstler die Wände. Dabei geht es insbesondere darum, einen möglichst breit gefächerten Einblick in die Möglichkeiten zeitgenössischer Druckgrafik zu gewähren. So sind Kohlezeichnungen von Simone Waßermann ebenso zu sehen wie Radierungen von Matthias Weischer oder Holzstiche von Karl-Georg Hirsch und Stefanie Schilling.