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Städtisches Kunstmuseum Spendhaus


Spendhausstraße 4
72764 Reutlingen
Tel.: 07121 303 23 22
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-Sa 11.00-17.00 Uhr
So 11.00-18.00 Uhr
Do bis 19.00 Uhr

Wilhelm Rudolph. Das Phantastischste ist die Wirklichkeit

31.01.2015 - 12.04.2015

Es fällt schwer, einen zweiten Künstler zu benennen, der, beginnend in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts über die Zeit des Nationalsozialismus hinweg bis in die späte Zeit der DDR hinein, ein so gewichtiges Werk geschaffen hätte. Dabei blieb sich Rudolph in vielfacher Hinsicht treu. Obwohl die teils radikalen gesellschaftlichen und künstlerischen Umbrüche des Jahrhunderts auch an ihm und seinen Werken nicht spurlos vorbeigegangen sind, hat er doch stets vermieden, sich einer der gerade aktuellen Kunstströmungen anzuschließen und seine Arbeiten nach Expressionismus, Neuer Sachlichkeit oder Sozialistischem Realismus auszurichten.
Wilhelm Rudolph wurde 1889 als Kind einer Handwerkerfamilie in einem Chemnitzer Vorort geboren und konnte nur mit Hilfe adeliger Gönner als Privatstipendiat ein Kunststudium in Dresden aufnehmen. Robert Sterl und Carl Bantzer waren an der Kunstakademie die beiden für ihn maßgeblichen Professoren. Nach seiner Zeit als Frontsoldat im Ersten Weltkrieg geriet er, wie viele seiner Künstlerkollegen, in die nicht nur politische, sondern auch künstlerische Unruhe der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Im Laufe der 1920er Jahre Jahre hatte sich Rudolph durch erfolgreiche Teilnahme an mehreren wichtigen Ausstellung etabliert und die Berufung als Dozent an die Dresdner Kunstakademie im Herbst 1932 war Ausdruck dieser Anerkennung. Obwohl Rudolph anfänglich offen mit nationalsozialistischen Ideen sympathisiert hatte, geriet seine Stellung mit dem politischen Machtwechsel 1933 wieder ins Prekäre. Seine Werke wurden bereits in der ersten Ausstellung „Entartete Kunst“ 1933 diffamiert und 1939 erfolgte seine endgültige Entlassung aus dem Lehramt. Bei der Bombardierung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkriegs verlor er einen Großteil seines bis dahin geschaffenen Œuvres. Gleichzeitig erwuchs aus der Katastrophe eines der bis heute eindrücklichsten Werke Rudolphs. Direkt in den Ruinenlandschaften schuf er zahllose Tuschfederzeichnungen die er nahezu parallel in Druckgrafiken übertrug. Diese Ruinenbilder darf man als Ikonen der europäischen Kunstgeschichte und als Bilder archetypischen Charakters bezeichnen, die letztlich über alle Zeiten ihre traurige Gültigkeit behalten.
Dennoch musste Rudolph nach 1945 um die Anerkennung für seine Arbeit ringen. Sein Werk und dessen Ausstrahlung entwickelte sich kontinuierlich weiter. Einerseits ohne wesentlichen Einfluss auf die künstlerischen Strömungen um ihn herum, andererseits aber auch weitestgehend ohne störenden Einfluss der damaligen repressiven Kunstpolitik. Es ist seinem außerordentlich langen Leben zu verdanken, dass er die in den 1960er Jahren einsetzende Wertschätzung noch erlebte.
Für das Kunstmuseum Spendhaus bietet insbesondere das über annähernd sieben Jahrzehnte entstandene Holzschnittwerk Anlass, sich diesem außergewöhnlichen Künstler zu widmen. Die Bedeutung der Rudolphschen Holzschnitte innerhalb der Geschichte des Hochdrucks im 20. Jahrhundert zu verdeutlichen, ist dabei wichtiges Anliegen für unser Haus.

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