01.03.2011 - 29.05.2011
Die herausragende Stellung Adolf Hölzels (1853 - 1934) für die Entwicklung der europäischen Moderne wurde lange Zeit unterschätzt. Der experimentelle Zeichner, Maler und Theoretiker war ein »behutsamer Avantgardist«, dessen revolutionäre Kunstauffassung in der Tradition wurzelte. Als Lehrer inspirierte er eine ganze Generation hochtalentierter junger Künstler, die sich an der Stuttgarter Akademie um ihn versammelten und selbst Kunstgeschichte schreiben sollten. Unter ihnen so bekannte Namen wie Willi Baumeister, Oskar Schlemmer, Hermann Stenner, Ida Kerkovius und Max Ackermann. Damit wurde Stuttgart - neben München (»Blauer Reiter«) und Dresden/Berlin (»Brücke«) zum dritten Zentrum der Moderne in Deutschland.
Seit 1905, als Hölzel an die Stuttgarter Akademie berufen wurde, werden Form und Farbe in seinen Bildern zunehmend autonom und damit unabhängig von den dargestellten Bildgegenständen. Im gleichen Jahr entsteht, viele Jahre vor Kandinsky, mit »Komposition in Rot I" die erste weitgehend gegenstandsfreie Komposition. Nach seiner Devise »jeden Tag von vorne anfangen« pflegte er am Morgen seine Arbeit mit zeichnerischen Übungen der Hand, mit »tausend Strichen« einzuleiten, um den kreativen Prozess intuitiv zu stimulieren - eine für die damalige Zeit völlig undogmatische Herangehensweise an künstlerische Aufgaben. In dieser anregenden »künstlerisch-menschlichen Atmosphäre«, die Hölzel auch in seiner Malklasse herzustellen verstand, »waren die Wechselwirkungen aufeinander höchst fruchtbar«, erinnerte sich Oskar Schlemmer.
Die Ausstellung zielt darauf, künstlerische Beziehungen und Dialoge zwischen Hölzel und seinen Schülern anschaulich werden zu lassen - von der Aneignung der Hölzelschen Lehre bis zum offenen Widerspruch und der Entwicklung eigenständiger Positionen. Hier stehen nicht nur ganz unterschiedliche künstlerische Temperamente und Begabungen im Wettbewerb, auch die Nahtstelle der Bildauffassung am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert wird sichtbar.