27.03.2010 - 09.05.2010
Felix Droese wurde 1950 in Singen geboren. Es liegt daher nahe, zu seinem 60sten Geburtstag auf das Werk des auch und gerade für die Region so bedeutenden Künstlers aufmerksam zu machen. Zu diesem Anlass haben sich das Städtische Museum Engen und die Galerie Titus Koch, Schloss Randegg zusammen gefunden, um in einer Doppel-Ausstellung einen konzentrierten Einblick in das komplexe Werk von Felix Droese zu geben. Während in Engen Arbeiten aus den Serien Geld und der verkommene Mensch sowie zahlreiche sehr poetische, farbige Papierarbeiten aus den frühen 80er Jahren und zentrale Werke wie Die Grenze der Wissenschaft und Aloysius gezeigt werden, liegen in Randegg die Schwerpunkte auf Skulpturen und Installationen, den Papierschnitten und Arbeiten zur Kain und Abel – Thematik.
Die Doppel-Ausstellung ist zugleich eine Hommage an den – im besten, weil produktivsten Sinne – widerborstigen, unangepassten Künstler, der diesseits aller Moden seinen eigenständigen Weg zu gehen weiß. Eines Weges, der Anfang der achtziger Jahre mit großformatigen Papierschnitten seinen beim Kunstpublikum vielbeachteten öffentlichen Anfang nahm, und ihn 1982 über die Teilnahme an der Kasseler documenta bis zur Biennale in Venedig führte, wo er 1988 als offizieller Gesandter der Bundesrepublik im Deutschen Pavillon sein Haus der Waffenlosigkeit vorstellte.
Wer sich mit dem ausgesprochen vielgestaltigen, inhaltlich komplexen Werk von Felix Droese und seiner Rezeption beschäftigt, wird feststellen, dass es zwar in seinen Teilaspekten wahrgenommen und gewürdigt wurde, weniger hingegen als Ausdruck und Anspruch einer universalen, in der katholischen Bildertheologie fundierten Humanität, die den menschlichen Lebenszyklus umfasst und geschichtliche Tiefendimension mit gegenwärtiger Aktualität verbindet. So ist Droese zwar ein politischer Künstler, der auch vor zeitkritischen Stellungnahmen zum Weltgeschehen nicht zurückscheut, dieses Engagement wurzelt jedoch in einem klaren Bewusstsein für die existenziell zutiefst ambivalente Verfasstheit des Menschen, in der das Streben nach Freiheit und Glück mit dem Erleiden von Schmerz und Gewalt eine oftmals unheilvolle, nichtsdestoweniger unauflösbare Allianz eingeht. Zum zweiten ist Droese als Sohn eines altkatholischen Pfarrers ein christlich-religiös geprägter Künstler, eine Herkunft, die ihn dazu inspiriert, Religion in ihrem eigentlichen, lebendigen Sinn als religio, als Rückbindung des Individuums in einen weltgeschichtlichen, geistig-transzendenten Resonanzraum, und ihren Ausdruck als Urform des Künstlerischen zu erfahren. Und schließlich: Droese ist zwar ein Künstler, der das menschliche Dasein in allen Facetten seiner Existenzialität beleuchtet, aber keineswegs ein geheimniswebender Mythenrauner, der povere Materialien lediglich zur Archaisierung seiner Werke nutzen würde. Mit Ironie und hintergründigem Humor spannt er eine Brücke zum Betrachter, der, wenn er sich auf die präzise Vieldeutigkeit des "Droese-Kosmos" einlässt, mit ästhetischen Erkenntnissen belohnt wird, die Gegenwärtiges mit Vergangenem aufladen und die Gültigkeit unseres reichhaltigen kulturellen Erbes in unsere Gegenwart hinübertragen. Wie unkonventionell der so traditionelle, genauer: traditionsbewusste Künstler Felix Droese dabei bisweilen vorgeht, zeigt nicht zuletzt die Kunstaktion mit dem Discounter Aldi im Jahre 2003, durch die er auch bei einem breiteren, überwiegend kunstfernen Publikum bekannt wurde. Die von Droese bereit gestellten 20.000 Grafiken waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Auch dies eine Form künstlerischer, kunstbetriebswirtschaftlicher Ironie.
"Der Sprung ins Leere", so der von Felix Droese selbst gewählte Titel für die Doppel-Ausstellung, umfasst Negativ- und Positivform, Leere – und eben auch: Fülle, beides Lebensessenzen, die, oft kaum voneinander unterscheidbar, einander bedingen und ihre Gestalt wechseln. Die zunehmende materielle Fülle entspricht der Entleerung des Geistes, so Droese. Darum der Sprung.